Ein Bus ohne Fahrer, der am Engelberg unterwegs ist – das könnte in Leonberg schon bald Wirklichkeit werden. Ein Pluspunkt: der Testbetrieb würde keine Unsummen verschlingen.

Leonberg - Ein bisschen ulkig sieht der Kasten auf vier Rädern schon aus. Doch er hat es in sich. Kein Fahrer sitzt am Lenkrad des Minibusses, es gibt überhaupt keines. Dass der autonom fahrende Elektrobus nirgendwo aneckt, dafür sorgen allerlei Kameras und Sensoren. Zweieinhalb Monate ist der Bus am Rande der Landesgartenschau auf öffentlichen Straßen gefahren – und könnte vielleicht schon im kommenden Jahr am Engelberg in Leonberg (Kreis Böblingen) rollen.

 

200.000 Euro sollen dafür im Haushalt für 2019 eingestellt werden – so wollen es mehrere Fraktionen im Gemeinderat bei den Haushaltsberatungen beantragen. Frank Albrecht (Salz) hatte einen solchen E-Bus bereits zuvor ins Spiel gebracht. „Wir sind aber bereits im vergangenen Jahr während des Bürgermeisterwahlkampfes auf die Idee gekommen“, berichtet er. Hinter der Idee steht ein buntes Bündnis, das seit einem Jahr an der Idee tüftelt. Dabei will man sozusagen drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Den öffentlichen Nahverkehr im staugeplagten Leonberg stärken mit einem zukunftsweisenden Projekt, welches das Ansehen der Stadt verbessern könnte, und das mit finanzieller Unterstützung des Landes. Vielleicht sogar mit Unterstützung eines hiesigen Unternehmens. „Wir haben mit der Firma Bosch ja jemanden vor Ort, der sich mit dem Thema autonomes Fahren beschäftigt. Da liegt die Idee nahe, Bosch mit an Bord zu holen“, sagt Elke Meller von der Senioren-Union, die für die Gruppe jede Menge Informationen zum Thema zusammengetragen hat.

1,2 Kilometer langer Rundkurs

Eine Gruppe aus Vertretern der CDU, Grünen und Salz-Liste ist sogar extra nach Lahr gefahren, um sich den E-Bus im Testbetrieb anzuschauen und natürlich auch mitzufahren. Dort war das autonome Fahrzeug im ganz normalen Verkehr unterwegs, „sogar ein Stück auf der Hauptstraße“, erzählt Elke Staubach (CDU). Der 1,2 Kilometer lange Rundkurs beinhaltete drei Haltestelle, mehrere Kurven und Kreuzungen, sogar einen Kreisverkehr. Sechs Fahrgäste finden in dem Bus des französischen Herstellers Easy Mile Platz, dazu ist immer ein Begleiter an Bord, der notfalls eingreifen kann. „Ich kam mir eher vor wie in einer Straßenbahn“, berichtet Elke Meller.

Mit einer Geschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde war der Bus unterwegs. „Das ist wirklich nicht langsam“, sagt Frank Albrecht, der mitgefahren ist. Zumal sich der Verkehr in Leonberg oft nicht schneller durch die Straßen quält. „Die Strecke in Lahr war nur für Tempo 15 genehmigt. Grundsätzlich sind aber bis zu 30 Kilometer pro Stunde möglich“, sagt Dieter Schmidt vom Vorstand der Leonberger Grünen. Das Modell in Lahr hat sechs Sitzplätze, in der Schweiz seien von anderen Herstellern schon Busse unterwegs mit bis zu 15 Sitzplätzen.

Viele Strecken, auf denen Bedarf herrscht

50 Projekte mit autonom fahrenden Bussen gebe es bislang weltweit. In Berlin fahren sie etwa auf dem Klinikgelände der Charité. In Bad Birnbach bei Passau sind zwei Fahrzeuge als reguläre Linienbusse im Einsatz. Teststrecken gab es bereits außer in Lahr auch in Mainz und Wiesbaden. Und auf Sylt fährt ein autonomer Bus auf Bestellung via Handyapp. „Vielleicht wäre ein Bus auf Bestellung ja was für die Teilorte“, überlegt Elke Meller.

Wo ein solcher selbst fahrender Bus in Leonberg kostenlos und versuchsweise unterwegs sein könnte, da sei man offen. „Wir haben schon ein paar Ideen, etwa vom Leo-Center entlang der Stadtachse über den neuen Brückenschlag in die Altstadt“, nennt Albrecht ein Beispiel. „Oder ein Testbetrieb im Sommer zum Strohländle auf den Engelberg“, überlegt Meller. „Es gibt viele mögliche Strecken, wo Bedarf herrscht, beispielsweise eine Quartierslinie“, meint Elke Staubach. Jeder sei aber eingeladen, Vorschläge zu machen.

Unterstützer gesucht

„Mit dem Bus können wir ein Zeichen setzen und gleichzeitig den Einstieg in eine nachhaltigere Mobilität schaffen“, meint Bernd Murschel. Der Stadtrat hat in seinem zweiten Mandat als Landtagsabgeordneter bereits Ausschau nach Fördertöpfen gehalten und gleich drei mögliche Optionen gefunden. Doch auch ohne Zuschüsse würde ein Testbetrieb keine Unsummen verschlingen, ist sich die Gruppe sicher. „In Lahr hat der Betrieb für zweieinhalb Monate etwa 100.000 Euro gekostet. Dazu kämen Leihkosten für den Bus von rund 100.000 Euro“, rechnet Frank Albrecht vor. Dies sei schneller und vor allem praktikabler als etwa die von Oberbürgermeister Martin Kaufmann vorgeschlagene Seilbahn. „Eine Stadt, die es nicht mal in finanziell guten Zeiten schafft, von ihren Schulden runter zu kommen, braucht nicht unbedingt noch eine Seilbahn obendrauf“, meint Murschel. Beim Verkehr müsse man auch mal quer denken, sagt Elke Staubach. „Wer nix wagt, der nix gewinnt.“

Derzeit sucht die Gruppe noch mehr Unterstützer im Gemeinderat für ihren Antrag. Dieser wird mit allen weiteren Eingaben zum Haushalt für 2019 im November eingebracht und dann im zuständigen Ausschuss besprochen.