Trickserei bestätigt: Beim „Gelben Engel“ wurde jahrelang gefälscht. In einem Fall wurde auch ein falscher Sieger gekürt.

Stuttgart - Nun ist es offiziell. Beim ADAC-Autopreis „Gelber Engel“ wurde jahrelang systematisch gefälscht. Im Jahr 2010 ist mit der E-Klasse von Mercedes-Benz sogar ein falscher Sieger durchs Ziel gegangen. An den Tag gebracht haben das nun forensische Untersuchungen der Wirtschaftprüfungsgesellschaft Deloitte. Eigentlich wäre von den ADAC-Mitgliedern vor vier Jahren das Audi A5 Cabriolet zum Lieblingsauto der Deutschen gewählt worden. In der offiziellen und damit gefälschten ADAC-Statistik kam das Modell aber nur auf Rang vier.

 

Das Fazit von Deloitte nach einer Untersuchung der Jahre 2009 bis 2014 ist für den Pannenhilfe-Club vernichtend. „Für sämtliche Jahre, die wir auswerten konnten, können wir eindeutig belegen, dass sowohl die Teilnehmerzahlen als auch die Stimmergebnisse bei der Wahl zum Lieblingsauto des „Gelben Engel“ umfangreich manipuliert wurden“, erklärte Deloitte-Forensikexperte Frank Marzluf. Durch die bewussten Veränderungen sei gezielt eine größere Markenvielfalt unter den fünf angeblich meistgewählten Autos erreicht worden. Ein Insider mit Einblick in die Untersuchungen bringt es auf den Punkt. „Es ging darum, jeden mal zum Zug kommen zu lassen.“ Bevorzugt wurden offenkundig die großen deutschen Autobauer als Gruppe, aber kein einzelner Konzern. Die Zahl der abgegebenen Stimmen sei im Schnitt mit dem Faktor 10 bis 15 multipliziert worden.

Hinweise auf eine Vorteilsnahme durch den mutmaßlich Hauptverantwortlichen, den inzwischen gefeuerten ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter, habe man nicht gefunden. Dieser habe sich für seine Manipulationen offenbar nicht bestechen lassen, heißt das mit anderen Worten. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer äußert dagegen einen Verdacht, der den ADAC als Nutznießer der Manipulationen darstellt. „Da liegt die Vermutung nahe, dass davon auch das Werbeanzeigengeschäft profitieren sollte“, sagte der Professor der Universität Duisburg-Essen der Nachrichtenagentur dpa mit Blick auf die ADAC-Clubzeitschrift „Motorwelt“.

Der ADAC habe noch eine erhebliche Aufarbeitung vor sich, stellte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt indessen klar. Ein echter Neuanfang beim Club könne nur von dessen Mitgliedern ausgehen. Noch ist auch die Aufarbeitung der Vergangenheit nicht abgeschlossen. Im neuen Deloitte-Untersuchungsbericht wird die Aussage eines Dritten zitiert, dem gegenüber sich Ramstetter geäußert hat. „Ich war's allein, ich übernehme dafür die Verantwortung. Es war nur die Menge, nicht die Rangfolge“, habe der Fälscher gestanden.

Für bare Münze braucht man diese Aussage offenkundig nicht nehmen. Zumindest die Angabe, dass die Rangfolge der Preisträger korrekt ist, hat sich nun als falsch herausgestellt. Die ganze Wahrheit wird man möglicherweise nie erfahren. Denn die Anfangsjahre des „Gelben Engel“ konnte Deloitte gar nicht nicht mehr nachprüfen. „Für die Jahre 2005 bis 2008 lagen nach unseren Erkenntnissen keine Daten mehr vor“, schreiben die Ermittler in ihrem Bericht. Das sei nicht als Hinweis zu verstehen, dass gezielt Spuren verwischt wurden, betont ein Insider. Illusionen machen sich die Forensiker aber auch über die fehlenden Jahre nicht. Wegen der Systematik der nachgewiesenen Fälschungen „ist es in hohem Maße wahrscheinlich“, dass auch die Ergebnisse für den „Gelben Engel“ 2005 bis 2008 frisiert worden sind, räumt ein Insider ein.

Als weiterhin gültig wird indessen die These vom Einzeltäter Ramstetter angesehen. Gegen ihn bereitet der ADAC mittlerweile rechtliche Schritte vor. Entschieden werden soll darüber Anfang kommender Woche, wenn der dritte und letzte Teil der Deloitte-Untersuchung vorliegt. Darin prüfen die Ermittler, ob auch bei anderen vier Preiskategorien des „Gelben Engel“ wie der besten Automarke oder dem pannensichersten Wagen manipuliert wurde. Den Preis hat der Club mittlerweile beerdigt. Die Autobauer BMW, VW und Daimler haben angekündigt, die Preise zurückzugeben.