Moritz Heger aus Stuttgart-Birkach ist gelungen, wovon viele träumen. Im Februar 2021 ist sein neuer Roman „Aus der Mitte des Sees“ im Diogenes Verlag erschienen.

Birkach - Ich paffte nur. Ihr war wahrscheinlich egal, ob ich das machte, doch von mir aus tat ich es ihr zuliebe, und das war beschwingend.“ Das schreibt Moritz Heger in seinem neuen Roman „Aus der Mitte des Sees“. Der Protagonist des Romans ist ein Mönch, der einen Freund verliert und sich verliebt. Keine brisanten, besonders tiefgründigen Themen, könnte man meinen. Vielmehr sind es die Figuren, die Anreiz zum Weiterlesen geben. Er sei kein politischer Autor, sondern ein psychoanalytischer. „Ich schreibe weniger über Themen als über Menschen“, erzählt Heger und denkt in einem Nebensatz über das Klischee dieser Aussage nach. Nicht nur seine Erzählfigur Lukas, auch Heger selbst, versucht, Menschen vom Geiste her zu verstehen.

 

Kein politischer, sondern psychoanalytischer Autor

Bis Moritz Heger Autor wurde, bedurfte es zunächst der Auseinandersetzung mit verschiedenen Künsten. Nach dem Abitur zog er nach Saarbrücken, um Freie Kunst zu studieren. „Das fühlte sich gut an, genommen zu werden.“ Plötzlich eine „Situation totaler Freiheit. Ich hatte einen eigenen Platz im Saal der Akademie, war weg von zuhause und auf mich allein gestellt“. Die Freiheit habe ihn in jungen Jahren überfordert. Nach einem Semester brach er das Studium ab, zog zurück nach Mainz und studierte eine Mischung geisteswissenschaftlicher Fächer: Germanistik, Evangelische Theologie, Pädagogik und Theaterwissenschaften. „Die Idee, Künstler zu werden, habe ich nie in Frage gestellt.“ Bei der Porträtmalerei habe ihm gefallen, sich auf einen Menschen zu konzentrieren. Das sei in der Literatur nicht anders.

Während und nach dem Studium widmete er sich zudem der Schauspielerei. Acht Jahre leitete er die Jugendtheatergruppe „TüTe“ in Mainz. Schauspieler wollte er trotzdem nie werden. „Der Schauspieler ist nackter. Er hat kein Buch zwischen sich und dem Publikum“, sagt der Autor. Er hospitierte zwar an den Bühnen der Stadt Köln, verfolgte den Weg der Dramaturgie aber nicht weiter.

Mit „Odyssee“ gewann er den Joseph-Breitbach-Preis

Damals schrieb Heger bereits Kurzgeschichten. Mit „Odyssee“ gewann er 1997 den Förderpreis zum Joseph-Breitbach-Preis. Über eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter habe er erfahren, der Gewinner zu sein. „Das war eine umstürzend tolle Erfahrung. Das Gefühl, zaubern zu können, jemanden in den Text verliebt gemacht, berührt zu haben“, sagt Heger. Mit dem Förderpreis wuchs er in das rheinland-pfälzische Literatenmilieu, lernte andere Autoren kennen und einen Philosophieprofessor, der ihn förderte. Sieben Jahre lang, mal intensiver, mal weniger, schrieb er am Roman „In den Schnee“. Er arbeitete mit einer Lektorin des Jung und Jung Verlags. „Ich stand manchmal wie ein Schuljunge vor ihr. Sie hatte Tausend gelbe Klebezettel in das Manuskript geklebt.“ Das Buch erschien 2008.

Bis er mit seinem nächsten Roman anfing, veröffentlichte er Theaterstücke und einen Gedichtband. Zudem begann er in Stuttgart ein Referendariat, um Lehrer zu werden. 2019 lernte er seine spätere Lektorin Ursula Baumhauer kennen. „Ich fragte sie, ob ich ihr mal eine Textprobe schicken könnte.“ Aus der Textprobe wurde das Buch „Aus der Mitte des Sees“, das im Februar 2021 im Diogenes Verlag erschienen ist. „Die Stimme muss stimmen“, kommentiert Heger das Gelingen seines Romans. Seine Erzählstimme ist eine, die sich herantastet. Keine, die kompakt skizziert, um was es geht, sondern eine erörternde, abwägende Stimme. „Schreiben ist für mich eine Suchbewegung, eine Vertiefungsbewegung“, sagt der 50-jährige.

Lehrer an einem Gymnasium in Stuttgart

Heute arbeitet er als Lehrer an einem Stuttgarter Gymnasium. Außerdem leitet er seit zwei Jahren das Junge Schriftstellerhaus. Ein Workshop, bei dem sich Jugendliche einmal monatlich treffen, um an eigenen Texten zu arbeiten. „Das Junge Schriftstellerhaus ist ein lebendiger Raum voller Talent“, sagt Heger. Es gehe darum, zu lernen, dass Schreiben ganz viel Überarbeiten ist. Der Birkacher helfe den Jugendlichen, ihre eigene literarische Stimme zu finden, dafür biete er ihnen gemeinsam mit seinem Co-Leiter einen Erfahrungsraum. „Es ist schön, den Prozess von Jugendlichen zu sehen, die schon im zweiten Jahr dabei sind“, findet Heger.

Nicht nur im Schriftstellerhaus, sondern auch in der Schultheater-AG beschäftigt er sich mit Jugendlichen und dem Suchen ihres künstlerischen Talents. Eine Theatergruppe begleitete er von der fünften bis zur zwölften Klasse. „Eine ganze Gymnasialzeit. Ein Projekt des Wachstums“, sagt der Autor. Er möchte so bald, wie möglich wieder Präsenztheater machen. Denn „die Schüler dürsten nach Theater nach diesen schweren Zeiten“.