In ihrem neuen Roman „Miroloi“ erzählt die Autorin Karen Köhler von einer Welt, die Frauen neben Bildung sogar den eigenen Namen verweigert. Im Interview spricht die Hamburgerin über Fremde, Selbstbestimmung und das Gefühl, eine Frau im Literaturbetrieb zu sein.

Stuttgart - Vor fünf Jahren hatte Karen Köhler zum zweiten Mal die Windpocken. Daran erinnert sie sich heute nicht nur, weil sie die Infektion höchstwahrscheinlich mehrere Wochen ans Bett kettete. Sondern vor allem, weil die Krankheit sie damals um die Chance brachte, am Wettlesen zum Ingeborg-Bachmann-Preis teilzunehmen. Dabei hätte Köhler, die zu diesem Zeitpunkt in Hamburg als Schauspielerin, Illustratorin und Theaterautorin lebte, in Klagenfurt ihr literarisches Debüt „Wir haben Raketen geangelt“ präsentieren sollen.

 

Im neuen Buch geht es um Selbstbestimmung und Fremde

Fünf Jahre ist Köhler schließlich zurück. In ihrem neuen Buch “Miroloi“, ihrem ersten Roman, erzählt sie nun über die Fremde. Über das Aussichtslose, das Ausgegrenzte. Und darüber, wie Frauen in einer patriarchalisch organisierten Gesellschaft um ihren Platz kämpfen müssen.

Im Stuttgarter Literaturhaus liest Karen Köhler aus ihrem neuen Buch. Wir haben vorab mit ihr gesprochen.

Frau Köhler, in Ihrem Roman „Miroloi“ beschreiben Sie eine Gesellschaft, die Frauen Selbstbestimmung, Bildung und sogar einen eigenen Namen verwehrt. Inwiefern üben Sie damit Kritik an der Realität?

In meinem Roman geht es um Ausgrenzung eines Findlings. Es geht darum, wie eine fiktive geschlossene Gesellschaft dem Fremden begegnet und wie ein Mensch zum Fremden gemacht wird. Männern wie Frauen sind in meinem Roman festgeschriebenen Rollenbildern unterworfen. Das ließe sich abstrakt auch auf unsere Gesellschaft übertragen, aber das kann jede*r Leser*in für sich selbst entscheiden.

In der Fiktion schafft Ihre Protagonistin den Befreiungsschlag. Müssen Frauen sich auch im Literaturbetrieb stärker behaupten als Männer?

Im Literaturbetrieb spiegelt sich ja auch nur ein strukturelles Problem wider. Man könnte das an Zahlen festmachen, oder auch daran, wie über Autorinnen und ihre Werke geschrieben wird. Sehr lustig zu dem Thema: der Hashtag #dichterdran

Wird feministische Literatur nach #Metoo wohlwollender rezensiert als andere Werke.

Ich weiß es nicht. Mein Gefühl ist aber, dass manche Menschen mittlerweile denken: „So, jetzt ist dann aber auch bald mal gut mit Feminismus, Gleichberechtigung und dem Benennen von Missständen.“ Aber es ist noch nicht gut. Leider. Da müssen wir alle zusammen durch.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Auf Sendung“ liest Karen Köhler heute Abend, 30. Oktober, um 19.30 Uhr, im Stuttgarter Literaturhaus aus Ihrem Roman „Miroloi“.  Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 5 Euro.