Stuttgarts Stadträte haben die Maßnahmen für eine nachhaltige Mobilität neu zusammengestellt. Ein Streitpunkt ist Tempo 40 auf Steigungsstrecken.

Stuttgart - Der Streit um Tempo 40 auf Steigungsstrecken in Stuttgart wird wohl die Etatberatungen im Dezember beeinflussen. Am Dienstag gab es im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik einen Vorgeschmack. Da legte die Ordnungsbehörde dar, welche Tempo-40-Strecken in den Haushaltsjahren 2018/2019 hinzu kommen könnten, damit Autos weniger Schadstoffe auspusten. Besonders umstritten: die Heilbronner Straße (B 27) zwischen dem Arnulf-Klett-Platz und dem Pragsattel.

 

Hier gehe es um eine 2,7 Kilometer lange Strecke mit gerade mal 3,4 Prozent Steigung, im Grunde also nicht wirklich um eine Steigungsstrecke, sagte Carl-Christian Vetter (CDU). Bei anderen Straßen in dem von der Verwaltung aufgezeigten möglichen Restprogramm sehe es ähnlich aus. Die AfD, die FDP und der Stadtist stuften die Heilbronner Straße auch nicht als Steigungsstrecke ein. Die Grünen signalisierten Wohlwollen. Gabriele Munk: „Es ist besser, mit Tempo 40 gut voranzukommen, als bei erlaubtem Tempo 50 im Stau zu stehen.“ Am Ende werde ja doch immer etwas schneller gefahren. Christoph Ozasek (Linke) bedauerte gar, dass die Verwaltung nicht auch bei Vorrangstraßen stärker auf Tempo 30 setze.

Knappe öko-soziale Mehrheit denkbar

Die Gegenrede hielt Michael Conz (FDP): Die Verwaltung habe für das vor Jahren eingeführte Tempo 40-Gebot in der Hohenheimer Straße „raffiniert einen positiven Effekt ausgerechnet“, jetzt wolle sie „das Thema durchziehen“. Auf ihrer Liste stehen unter anderen auch die Neue und die Obere Weinsteige, die Rotebühl- und die Rotenwaldstraße. Ob das wirklich Tempo-40-Strecken werden, ist aber noch ungewiss und eine Frage des Geldes – daher wurde die Mitteilungsvorlage durchgewinkt und der große Streit bis zu den Etatberatungen vertagt. Dann aber erscheint eine knappe öko-soziale Mehrheit denkbar.

Die Macht des „linken Lagers“ geht Conz schon jetzt auf die Nerven. Diese Leute, grollt er, würden auch keine Ruhe geben, bis das „Krebsgeschwür“ des Parkraummanagements sich überall in Stuttgart ausgebreitet habe. Anlass für die Klage war, dass der Ausschuss – mit CDU-Unterstützung – die Ausweitung der Parkgebühren auf fünf weitere Bereiche im Stuttgarter Osten empfahl, um Pendler abzuschrecken und Anwohnern mehr Parkplätze zu verschaffen.

Aktionsplan ist ein Grundsatzprogramm

Mit der FDP beschloss der Ausschuss die Ergänzung des erstmals 2013 vom Gemeinderat verabschiedeten Aktionsplans Nachhaltig mobil in Stuttgart. Nur Bernd Klingler (AfD) stimmte gegen „dieses Pamphlet und diesen neuen Gängelungsversuch von OB Kuhn“. Der Aktionsplan ist eine Art von Grundsatzprogramm der Stadt, in dem mehr als 100 neue oder weiterhin gültige Maßnahmen aufgelistet werden, um in Stuttgart mehr Lebensqualität zu erreichen: weniger Lärm, weniger Schadstoffe, weniger Staus, weniger Stress. Erreichen will man das durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Korrekturen beim Wirtschafts- und beim Regionalverkehr, die Förderung von Fußgänger- und Radverkehr, die Umrüstung des städtischen Fuhrparks und die Verknüpfung verschiedener Verkehrsarten. Zuletzt waren in den Entwurf gekommen: eine Abwrackprämie für Zweiräder mit Verbrennungsmotor, eine Schnellbuslinie zwischen Cannstatt und Stuttgarter City sowie das Streben nach weiteren Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen. Das Abstimmungsbild täuscht vielleicht ein wenig. „Wir nehmen den Plan als Wunschzettel, für dessen Umsetzung es Einzelbeschlüsse braucht“, sagte FDP-Stadtrat Conz. Linken-Stadtrat Ozasek erklärte ein „Nachschärfen dieses guten Papiers“ bei der Umsetzung für nötig und will Straßenverkehrsprojekte kritisch angehen. Er kritisierte, dass eine wichtige OB-Aussage ständig changiere. Mal rede Kuhn (Grüne) davon, dass man die Zahl der Autos im Talkessel um 20 Prozent reduzieren müsse. Dann rede er wieder von Autos mit Verbrennungsmotor.

Die Linke wollte eine Festlegung auf Ersteres – und scheiterte. Dagegen bekam Philipp Hill Zustimmung zum CDU-Antrag, die versuchsweise Nassreinigung am Feinstaubbrennpunkt Neckartor kommenden Winter fortzusetzen und im Sommer 2018 über eine Dauerreinigung zu entscheiden. Aufgenommen wurde auch, dass es vor Schulen und Kindergärten mehr Tempo-30-Zonen geben soll – und dass, was die SPD präzisieren ließ, der Preis der angestrebten Einheitsfahrkarte für ganz Stuttgart sich am bisherigen Preis für eine Zone orientieren soll.