Die Weiterentwicklung der Sicherheitssysteme im Fahrzeug ist die Voraussetzung für das autonome Fahren. Nach Ansicht von Stefan Sommer, Chef des Autozulieferers ZF, geht es dabei nicht nur um technologische Aspekte.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Friedrichshafen - Autonomes Fahren und Elektromobilität stellen nach Ansicht von ZF-Chef Stefan Sommer die Fahrzeugsicherheit vor neue Herausforderungen. Ohne deren Berücksichtigung könnten sich weder autonome Fahrzeuge noch die E-Mobilität in der Breite durchsetzen, sagte Sommer beim diesjährigen CAR-Symposium in Bochum. ZF Friedrichshafen mit seinen weltweit rund 137  000 Mitarbeitern und 35 Milliarden Jahresumsatz gehört bei den Megatrends zu den Vorreitern bei den Autozulieferern.

 

Neue Fahrzeugarchitekturen und die flexible Innenraumnutzung stellten deutlich komplexere Anforderungen an die Fahrzeugsicherheit. „Das gilt aber nicht nur für die aktive Sicherheit, als Grundvoraussetzung für autonomes Fahren, sondern auch für die passiven Sicherheitssysteme“ , so Sommer und macht ein Beispiel. Der Reiz des autonomen Fahrens besteht laut ZF-Chef nicht zuletzt darin, dass die Passagiere ihre Sitzposition weitaus flexibler einstellen können als in konventionellen Fahrzeugen. Um dennoch maximalen Insassenschutz zu gewährleisten, seien etwa völlig neue Airbag-Systeme erforderlich. Auch ZF arbeitet an entsprechenden Lösungen, dabei werden auch alternative Einbauräume – wie etwa im Dach statt im Lenkrad oder Armaturenbrett untergebrachte Luftkissen – weiter entwickelt.

Durchschnittsalter der Pkw auf deutschen Straßen liegt bei 9,2 Jahren

Zwar sollen autonom fahrende Fahrzeuge künftig keine Unfälle mehr verursachen. Sie müssen aber dennoch darauf ausgelegt sein, sich in einem Verkehr zu bewegen, der noch lange durch nicht-autonome Fahrzeuge – und damit potenzielle Unfallgegner – geprägt wird, sagte Sommer. Das durchschnittliche Alter der Pkw auf deutschen Straßen liegt derzeit bei 9,2 Jahren und steigt weiter. Im Jahr 2037, wenn Neufahrzeuge nach Schätzung von Branchenexperten überwiegend autonom fahren sollen, werden mehr als zwei Millionen Fahrzeuge älter als 20 Jahre sein und damit überwiegend noch konventionell gesteuert.

Die Notwendigkeit neuer Sicherheitskonzepte für autonome und elektrisch angetriebene Fahrzeuge hat Sommer zu Folge aber nicht nur technologische Aspekte. „Niemand käme auf die Idee, trotz zahlreicher schwerer Unfälle im Januar ein Verbot des Autofahrens auf Schnee zu fordern,“ sagte er. „Geschieht aber ein einzelner Unfall aufgrund der Einführung einer neuen Technologie – wie bei einem autonom fahrenden Auto im Herbst 2016 – wird die Technologie als solche in Frage gestellt.“

Die Vision von einem Verkehr ohne Unfälle und ohne Emissionen

ZF sieht sich nach Angaben Sommers der „Vision Zero“ verpflichtet – einem Verkehr, der weder Unfälle noch Emissionen verursacht. Erst die Vernetzung aller Verkehrsteilnehmer ermögliche, diesem Ziel entscheidend näher zu kommen. Sommer zeichnete zwei Entwicklungsschritte vor: Im ersten Schritt müssten weiterentwickelte passive und aktive Sicherheitssysteme zu Wegbereitern von autonomem Fahren und E-Mobilität werden. Im zweiten Schritt könne der vernetzte Verkehr immer mehr Unfälle verhindern. „Vernetzung und autonomes Fahren sind notwendige Voraussetzungen, wenn die Zahl von 1,2 Millionen Verkehrstoten in den nächsten Jahrzehnten drastisch reduziert werden soll“, sagte Sommer.