Die Begegnungsstätte brummt – ganz ohne Begegnungen. Gemeinsam mit dem Mütterzentrum hat die AWO die Initiative „Nachbarschaft 2020 - der Süden hält zusammen“ für die Corona-Zeit ins Leben gerufen. Die sonstige Nachbarschaftshilfe im Stuttgarter Süden läuft weiter.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Die Pforten sind schon seit Wochen geschlossen, aber drinnen steht das Telefon nicht still. Im fliegenden Schichtwechsel nehmen die Mitarbeiter die Anrufe an – oft gehören sie zu den Stammgästen der geselligen Nachmittage, Infoabende oder Kurse in der Awo-Begegnungsstätte. Doch nun herrscht eine unbehagliche Stille im Leben dieser älteren Leute. Die Welt will sie schützen, oder sie wollen sich selbst schützen, und ihre Bekannten aus denselben Jahrgängen sind seit Wochen in ihren Wohnungen interniert. Mit den digitalen Skills ist es in dieser Generation oft nicht so weit her, viele leben allein, sind nicht mehr sehr mobil, und so ist das Telefon für viele der letzte Draht nach draußen. „Wir führen viele Telefonate“, sagt Franziska Bolsinger, die das Gemeinwesenzentrum Süd leitet. Manchmal leiste sie psychosoziale Beratung, oft gehe es aber einfach bloß um den Austausch und den Ausgleich fehlender anderweitiger Kontakte. „Mit manchen halten wir täglich Kontakt.“

 

Solidarische Motive

Daneben läuft die festinstallierte Nachbarschaftshilfe der Awo wie gehabt weiter. Um die 25 haupt- und nebenamtliche Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt kümmern sich um ältere, kranke und alleinstehende Bewohner im Stadtbezirk Süd. Sie übernehmen Putzdienste, Botengänge. Sie begleiten die Leute zum Arzt, helfen bei der Haushaltsführung, kaufen ein, unterhalten sich mit ihnen oder spielen mit ihnen. „Es geht dabei um Alltagsdinge, um Strukturierung“, sagt Bolsinger. „Das umfasst aber keine Pflege, es sind pflegeergänzende Leistungen.“

Derzeit sind erheblich mehr Helfer im Einsatz als sonst. Gemeinsam mit dem Mütterzentrum hat die Awo-Begegnungsstätte die Initiative „Nachbarschaft 2020 – der Süden hält zusammen“ für die Corona-Zeit ins Leben gerufen. Um Älteren zu helfen, hätten sich viele Ehrenamtliche gemeldet, sagt Bolsinger. „Die Leute haben einfach solidarische Motive!“ Die meisten seien Studierende oder junge Leute bis etwa Mitte 30, die gerade in Kurzzeit seien oder sonst weniger zu arbeiten hätten. Wer eine Einkaufshilfe benötigt, meldet sich telefonisch bei der Awo-Begegnungsstätte. „Alles läuft ohne persönlichen Kontakt.“ Zu einer verabredeten Zeit legen die Leute Einkaufszettel, Tasche und Geld vor der Wohnungstür parat. Der Einkäufer holt alles ab, stellt die besorgten Waren vor der Wohnungstür ab und ruft an, dass sie jetzt da sind, erklärt die Einrichtungsleiterin. „Wir sind über die große Hilfsbereitschaft im Stadtteil sehr froh, es haben sich bisher 38 Freiwillige bei uns gemeldet. Aktuell haben wir mehr Angebote von Freiwilligen als Anfragen von Unterstützungsbedürftigen.“

Barrierefreie Umrüstung

Derweil laufen die Bauarbeiten in dem alten Backsteingebäude am Schoettle-Platz weiter. Der Gemeinderat hatte im Herbst Mittel für Sanierungsarbeiten und vor allem für die barrierefreie Ausgestaltung der Begegnungsstätte bewilligt. Die Plattform, die Rollstuhlfahrer von der Eingangsebene zum Aufzug befördert, ist bereits installiert. Bislang gab es bloß eine Rampe. Auch die Toiletten werden barrierefrei, ein Notfallknopf wird eingebaut, die Beschilderung erneuert, Beleuchtung und Akustik verbessert. In absehbarer Zeit soll ferner ein Hausmeister angestellt werden, der noch weitere Einrichtungen in der Umgebung betreuen wird.