Das sehenswerte und teilweise makabre ARD-Drama „Eisland“ mit Axel Prahl ist eine Hommage an die heimlichen Helden der deutschen Vorstadt.

Stuttgart - Dreißig Jahre lang hat sich Marko Wendrichs als Verkaufsfahrer einer Firma für Tiefkühlkost buchstäblich den Buckel krumm geschuftet. Treppauf, treppab mit schwerer Last, trotzdem immer ein freundliches Wort für seine offenbar überwiegend alleinstehenden Kundinnen, denen er die Ware in den Gefrierschrank eingeräumt hat. Damit ist nun Schluss, denn zumindest seiner Arbeit kann er nicht mehr nachgehen: Eine Bandscheibe ist komplett verschlissen. Mit 56 ist er zu alt für eine Umschulung, weshalb ihm seine Orthopädin die Frührente empfiehlt. Aber wie soll er dann das Jurastudium seines Sohnes Steffen finanzieren? Als eine der alten Damen nach einem feuchtfröhlichen Abend mit viel Eierlikör friedlich das Zeitliche segnet, hat Marko eine Idee: Ingeborg Meuer hat eine stattliche Pension bekommen, und das muss sich ja nicht ändern, bloß weil sie verstorben ist.

 

Rente nach Tod weiterkassiert

Axel Prahl ist genau der Richtige für die Rolle dieses kleinen Mannes, der vom rechten Weg abkommt. Der Publikumsliebling hat zwar schon oft bewiesen, welch formidabler Schurkendarsteller er ist, aber Marko ist ein guter Kerl, der nicht aus Habgier handelt; das Versorgungssystem lässt ihm zumindest aus seiner Sicht gar keine andere Wahl. Ähnlich klug wie die Besetzung der Hauptfigur war die Wahl des Tonfalls: Die Regisseurin Ute Wieland hat aus dem Dramenstoff zwar keine Komödie gemacht, aber gerade zu Beginn für einige heitere Momente gesorgt. Nach dem Tod von Frau Meuer wird der Film allerdings kurz makaber.

Bei aller Sympathie für den Witwentröster mit Herz, der ganz kurz zögert, bevor er einer weiteren Kundin das Leben rettet, anstatt auch ihre Rente zu kassieren: Davonkommen lässt ihn das Drehbuch nicht. Trotzdem ist Marko im Grunde eher ein Opfer als ein Täter.

Es knistert trotz Tiefkühlkost dank Roland Kaiser

Maximilian Kaufmann hat sein erstes verfilmtes Drehbuch um viele kleine Momente angereichert, die der Handlung Tiefe geben. Gerade die Szenen mit den von Inge Maux und Christine Schorn sehr anrührend verkörperten Kundinnen verdeutlichen, dass Marko ein guter Mensch ist. Sehr präsent sind auch trotz ihrer eher kleinen Rollen Narges Rashidi als Ärztin und Pheline Roggan als Physiotherapeutin. Zwischen der Krankengymnastin und Marko entsteht eine besondere Verbindung: Beide verehren Roland Kaiser. Dessen melancholisches Lied „Spätsommerwind“ über den Herbst des Lebens passt perfekt zur Atmosphäre des Films. Sehr sympathisch ist auch der kurze Gastauftritt des Sängers als spätabendlicher Besucher in Markos Stammlokal.

Eisland, ARD, Mittwoch, 16.2., 20.15 Uhr