Die jungen Leute aus der Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada sind gelandet. In den nächsten Wochen müssen sie im Deutschkurs ordentlich büffeln, im September beginnt die Ausbildung.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Winnenden - Freitagabend, 17.38 Uhr. Die sechs jungen Spanier aus der Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada haben es offenbar eilig. Auf dem Bahnhof in Winnenden steigen sie eine Stunde früher aus der S-Bahn als angekündigt. Wenn sie in den nächsten Monaten immer so schnell sein sollten, speziell im Deutschkurs, dann dürften sie ihr Ziel erreichen: in Winnenden einen Beruf erlernen und der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit in ihrer Heimat entkommen.

 

Die Wirtschaftsbeauftragte der Stadt, Franka Zanek, nimmt die Gruppe, die von Jens Bauder vom Flughafen abgeholt worden ist, in Empfang. Der Mann, der perfekt spanisch spricht, ist Mitglied des kommunalen Partnerschaftsausschusses. Er berichtet, dass Sara, Miguel und Rubén, Saúl, Bora und Javier gut drauf seien. Frau Zaneks Frage „Wie ist es mit ihrem Deutsch?“ beantwortet er mit den Worten: „Könnte schwierig werden, die Sprache ist die größte Hürde.“

Sie müssen ordentlich Deutsch büffeln

Die sechs Spanier wollen im Rahmen eines von der Arbeitsagentur geförderten Programms in Deutschland eine Lehre machen. Sara Fernández Garcia will im Winnender Schlossklinikum Krankenpflegerin lernen, Miguel Ángel Pascual Puras hat eine Stelle als Lehrling zum Koch bei Rauschenberger Catering & Restaurants in Fellbach in Aussicht. Rubén Barrio Arrea möchte Fachangestellter für Bäderbetriebe im Wunnebad lernen, Saúl Martín Rocha sowie Javier Valle Jiménez könnten als Industriemechaniker bei der Firma Kärcher unterkommen. Borja Gonzalez Arranz möchte im Restaurant Schöne Aussicht in Winnenden-Bürg Koch werden. Aber vorher müssen sich alle in einem rund dreimonatigen Praktikum bewähren und: Deutsch büffeln.

Am Freitag gleich nach der Ankunft mit der S-Bahn geht’s zum Essen – in eine Pizzeria in der Stadtmitte. Beim Bestellen wird schnell klar: Schwäbisch ist noch schwieriger als Deutsch. Außerdem sorgen die frühen Essenszeiten und das kleine Bier, das sich als ziemlich großes entpuppt, für Irritationen. In Spanien, berichtet Miguel, werde oft erst gegen 22 Uhr gegessen. Das kleine große Bier macht keine Probleme, es ist schnell getrunken. Andere Länder, andere Sitten.

Eine Tour ducrh die Stadt

Die Wirtschaftsbeauftragte hat die ersten Tage bis ins Detail vorbereitet. Nach dem Essen bekommen die Gäste aus Spanien Stadt- und Busfahrpläne, Informationen über den freien Internetzugang in Winnenden und manches mehr, dann werden sie auf ihre Wohnungen verteilt. Und am nächsten Tag wieder abgeholt, zu einer Tour durch die Stadt.

Vor dem imposanten Schloss erzählt die Stadtführerin Herdana Stöhr vom Königreich Württemberg, vom König, der das Schloss zur Klinik gemacht hat, vom legendären Winnender Mops, der anno dazumal angeblich von Belgrad bis zurück nach Winnenden gelaufen ist. Franka Zanek deutet auf den Wegweiser, die neben der Schlosskirche steht: Santo Domingo, 1771 Kilometer. „Aber nicht hin laufen, hier bleiben“, sagt sie. Die sechs Spanier nicken, ob sie wohl alles verstanden haben?

„Sucht Euch eine deutsche Freundin“

Am Abend werden die Neuankömmlinge dann offiziell vom Winnender Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth im Restaurant Schöne Aussicht empfangen. Sie treffen ihre künftigen Arbeitgeber, ihre Paten. Jeder Spanier hat mindestens einen älteren und einen jüngeren Winnender Ansprechpartner. Es gibt Sekt, später Maultaschen. Der OB sagt, die Partnerstädte wollten den jungen Leuten aus Santo Domingo „gute Angebote machen, um in Deutschland beruflich Fuß zu fassen“ und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Spanien „ein klein wenig ausgleichen“. Holzwart bleibt Realist und erklärt, es sei „völlig offen, ob das wirklich funktioniert, ob es Ihnen hier gefällt, ob es für die Arbeitgeber auf Dauer passt“. Er verspricht indes, dass „wir alles dafür tun werden, dass es klappt“.

Ignacio Ibanez stammt aus Spanien und lebt seit vielen Jahren in Winnenden. Er ist der Pate von Miguel und von Rubén und hat eine ziemlich guten Tipp parat: „Sucht Euch eine deutsche Freundin.“ Das sei die Möglichkeit, ganz schnell ordentlich Deutsch zu lernen.