Der Besitzer des alten Gebäudes, der wegen des Todes von acht Menschen türkischer Herkunft in die Schusslinie geraten war, ist entlastet. Er hat bis dato nie auf die Vorwürfe öffentlich reagiert, jetzt spricht er – anonym.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Ihm geht es wieder besser, das ist unschwer zu erkennen. Der Besitzer des ehemaligen Gerbereigebäudes in der Wilhelmstraße in Backnang, in dem am 10. März eine 40-jährige Frau türkischer Herkunft und sieben ihrer Kinder bei einem Brand ums Leben gekommen sind, ist nach dem tragischen Unglück in die Kritik geraten. Dem 47-jährigen Besitzer war von den Angehörigen der Opfer, aber auch von türkischen Medien vorgeworfen worden, dass er technische Mängel an Elektroleitungen in seinem Haus nicht behoben habe, und zwar trotz mehrfacher Beschwerden nicht, und dies vermutlich die Brandursache gewesen sei.

 

Die Ermittlungen der Polizei, an denen auch Sachverständige aus der Schweiz beteiligt gewesen sind, haben den Mann längst entlastet. Laut einem Sprecher der Waiblinger Polizei könne ein technischer Defekt, etwa an einer Elektroleitung, ausgeschlossen werden. Der Brand mit den verheerenden Folgen sei in dem Zimmer entstanden, in dem die Großmutter der Kinder, die überlebt hat, sowie zwei ihrer Enkel geschlafen hätten. Alles spreche für einen Schwelbrand. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärt auf Anfrage, dass noch ein Gutachten fehle, um die Brandursache benennen zu können. Um was für eine Expertise es sich genau handelt, will die Sprecherin der Behörde aber nicht sagen. Es werde jedenfalls gegen niemanden ermittelt, auch nicht gegen die Großmutter, etwa weil sie möglicherweise geraucht hat.

„Der Vermieter war total fertig“

Der Vermieter, der nach eigenen Angaben von Unbekannten bedroht worden war, erklärt am Dienstagvormittag vor Ort in der Brandruine, er habe sich bis dato öffentlich nicht zu den Vorwürfen geäußert und wolle auch künftig anonym bleiben. Der Tod seiner Mieter und die Anschuldigungen haben ihn ganz offenkundig arg mitgenommen. Christos Kiroglou, der Betreiber der in dem Haus einst untergebrachten Bar Merlin, den in Backnang alle nur Taki nennen, erzählt, dass sein Vermieter „total fertig war und Angst hatte“. Mittlerweile habe sich in der Stadt herumgesprochen, dass der Besitzer unschuldig sei.

Das Haus werde jetzt wieder komplett aufgebaut, berichtet der Mann aus Schwäbisch Hall. Im Erdgeschoss sollen die Eventgaststätte Merlin und der Getränkehandel möglichst noch in diesem Jahr wiedereröffnet werden. Der türkische Verein, der ebenfalls zu den Mietern gehört hat, wolle nicht wieder in das Haus einziehen. Ferner seien in dem Gebäude sechs Wohnungen geplant. Er investiere eine siebenstellige Summe, das ganze Gebäude solle Ende des kommenden Jahres 2014 fertig werden. Mit der Versicherung würde noch verhandelt, doch er erwarte, dass sie einspringe und einen Großteil der Kosten für den Wiederaufbau übernehme.

„Ressentiments sind keine geblieben“

„Bereits zwei Tage nach dem Brand hatte ich Hinweise, dass ich wohl raus bin“, erklärt der Besitzer. Im Rückblick sagt er: „Ich habe Verständnis dafür, dass die Opferfamilie den Hammer rausgeholt hat.“ Er habe nicht auf die vielen Vorwürfe reagiert, denn er habe gewusst, „der Zustand der Wohnung war weit besser als in den Medien beschrieben“. Alle hätten im Glashaus gesessen und mit Steinen geschmissen, er habe da nicht mitmachen wollen.

Obgleich sich bei ihm niemand entschuldigt habe – „Ressentiments sind keine geblieben“. Er sei auch ein Opfer der Brandkatastrophe, „ein kleines Opfer“. Die türkische Familie wisse, dass sie mit der herben Kritik „über das Ziel hinausgeschossen ist“. Sie sei aber von der Katastrophe „viel stärker betroffen als ich“.

Konsul: Hervorragende Beziehungen zu den Behörden

Katastrophe
An dem Tag, an dem bei dem Brand in Backnang acht Mitglieder einer türkischstämmigen Familie starben, sind auch viele türkische Journalisten vor Ort gewesen. Sensibilisiert durch die NSU-Morde waren sie skeptisch, als es recht bald heißt: die Beamten schließen einen fremdenfeindlichen Hintergrund aus.

Generalkonsul
Der türkische Generalkonsul Mustafa Türker Ari will aktuell keine konkreten Fragen zum Brand in Backnang beantworten, etwa diese: Wurde alles getan, um die Ursache für die Brandkatastrophe herauszubekommen? Wie geht es den Familienmitgliedern, die die Katastrophe überlebet haben? In einem Statement des Konsulats heißt es, man habe die Familien der Opfer stets unterstützt und werde das auch in Zukunft tun. Das Generalkonsulat der Republik Türkei in Stuttgart pflege „hervorragende Beziehungen“ mit den baden-württembergischen Behörden in allen Regionen. Der Generalkonsul Türker stehe den türkischen Gemeinde im Land immer zur Seite.