Die oft geräuschvollen arbeiten am Murrtalviadukt stoßen nun auf Anwohnerproteste. Etliche Bewohner der Backnanger Giebelau fordern mehr Rücksicht.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Unmittelbar nach dem Abbruch des alten Murrtalviadukts in Backnang hatten sich die Großkopfeten von den Fotografen ablichten lassen. Auch der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper, der Landrat Johannes Fuchs und der Regierungspräsident Johannes Schmalzl lächelten Anfang Mai in die Linsen. Alles nur „eine große Show“ – mit diesen deutlichen Worten kritisiert der Sprecher der Interessengemeinschaft Lärmschutz Giebelau, Reinhard Schnabel, die Veranstaltung. Für die Herrschaften sei der Abriss mit der publikumswirksamen Aktion abgeschlossen gewesen, jedoch nicht für die Menschen, die in der benachbarten Straße Giebelau wohnten.

 

Die Wohn- und Lebensqualität der Anwohner würden durch die seit fast fünf Jahren laufenden Bauarbeuten arg beeinträchtigt. Zuerst sei die neue Brücke gebaut, dann das alte Viadukt abgerissen worden, und nun gingen die Lärmbelästigungen munter weiter, kritisiert Schnabel, ein ehemaliger Manager von Bosch-Telecom, der bis dato öffentlich nur als Vorsitzender des Deutschen Zentrums für Satellitenkommunikation (Desk) aufgetreten ist. Die Anwohner seien nach wie vor dem Baulärm und dem Schmutz ausgeliefert. Mittlerweile sei klar, dass über neu eingerichtete Rampen der Aushub der Baustelle des B 14-Anschlusses Backnang-Mitte abtransportiert werden solle. Die Menschen in der Giebelau müssten sich auf weitere zwei Jahre mit Lärm und Schmutz einrichten. In einem Schreiben an das Verkehrsministerium verlangt Schnabel für mehrere Gebäude „eine angemessene finanzielle Entschädigung für gravierende Einbußen der Wohn- und Lebensqualität“.

OB Nopper hat kürzlich in einer Gemeinderatssitzung ziemlich vergrätzt auf die scharfe Kritik der Interessengemeinschaft reagiert. Die vom Regierungspräsidium organisierte Großbaustelle sei „gut und professionell organisiert“ gewesen. Baustellen dieser Größenordnung indes „könnten auch beim besten Management nicht ganz ohne Beeinträchtigungen der Anwohner“ laufen. Der Bau des Viadukts, das rund 16 Millionen Euro gekostet hat, sei „eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur für unsere Stadt“. Der Neubau sei für die Wirtschaft und für Zehntausende Menschen „von herausragender Bedeutung“. Der Rathauschef sagte, er wünsche sich „dass wir bei aller persönlichen Betroffenheit den Blick für das Ganze, den Blick für das Wohl der Allgemeinheit nicht aus dem Auge verlieren“. Es sei nicht möglich beides zu wollen: die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur „und zugleich soll die Baustelle vom Himmel fallen“, so der Oberbürgermeister Nopper weiter, „frei nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“

In einer zweiten Pressemitteilung stellt Reinhard Schnabel klar, „dass wir uns nicht über die Baumaßnahme als solche beschweren“. Allerdings habe die Interessengemeinschaft immer für den zügigen, vierspurigen Bau des B 14-Viadukts gekämpft. In diesem Punkt dürfte zwischen ihm und dem Stadtoberhaupt Konsens bestehen. Der Baubeginn für den zweiten Brückenbogen indes, der erst im Zuge des komplett vierspurigen Ausbaus der Bundesstraße bis zum Autobahnzubringer in Angriff genommen wird, steht in den Sternen. Niemand würde zurzeit darauf wetten, wann der Bund die dafür nötigen Gelder bereit stellt.