Junge und jung gebliebene Backnanger feiern gerne draußen – auch mal etwas lauter. Eine Aktion soll dafür Unterstützer anwerben. Das Ordnungsamt soll mit Postkarten bombardiert werden, bis dato sind rund 100 angekommen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Sie drehen den Spieß einfach mal um. Armin Holp und Claudia Fischer geht es nämlich gehörig auf den Geist, dass sich immer wieder Bürger beim Ordnungsamt über Lärm in der Innenstadt beschweren. Alle Backnanger, die gerne mal ein bisschen lauter unter freiem Himmel feiern und deshalb gemaßregelt werden, hätten keine Lobby.

 

Deshalb hat die Modedesignerin Claudia Fischer (33) jetzt die witzige Postkartenaktion „I herz BK“ ins Leben gerufen. Zusammen dem Sozialpädagogen und Reiseveranstalter Armin Holp (38) – er war früher Vorsitzender des Jugendzentrums – hat sie ein paar tausend Postkarten mit dem Slogan „I herz BK“ und einem roten Herzen in der Mitte in fast allen Backnanger Cafés und Kneipen verteilt. Alle gleichgesinnte Feierfreunde werden aufgefordert, die Karte an das Amt zu schicken.

„Ich fühle mich auch in Backnang wie im Urlaub“

Auf der Rückseite des positiven Protestschreibens können die Mitstreiter ankreuzen, was sie bewegt. Zum Beispiel: „Ich höre gerne Musik, gerne auch laut. Das macht mich immer so glücklich.“ „Ich verweile gerne auf öffentlichen Plätzen und erlebe zufällige Bekanntschaften und Geselligkeit. Pauschale Demoanträge sind nicht so mein Ding.“ „Ich sitze nicht nur im Süden gerne draußen. Ich fühle mich auch in Backnang wie im Urlaub.“ „Kulturelle Vielfalt inspiriert mich. Konzerte gänzlich unbekannter Musiker an unerwarteten Stellen geben mir das Gefühl etwas Besonderes entdeckt zu haben.“

Die Mitarbeiter des Ordnungsamts, die seit vielen Jahren nur mit Beschwerden konfrontiert würden, hätten einen falschen Blick auf die Realität, sagt Claudia Fischer, an diesem Herbstnachmittag in einem Café in der Innenstadt. „Klar, die denken, alle wollen nur ihre Ruhe.“ Die Backnangerin hat lange fern der Heimat gelebt, unter anderem in Berlin. Seit sechs Jahren ist sie zurück und will sich „einbringen in der Stadt“. Früher, sagt Fischer, sei es in Backnang einfacher gewesen, in der Stadt bis in die Nacht draußen zu feiern. Die Zeiten, als während des Straßenfests bis morgens um vier oder fünf Uhr die Post abging, kenne sie nur aus den Erzählungen der Eltern.

„Ärger machen meisten die neu Hinzugezogenen“

Das Ziel der Aktion soll indes nicht sein, dass immer überall bis in die Puppen gefeiert werden darf. Menschen, die in die Innenstadt ziehen, müsste aber bewusst sein, dass es dort Kneipen gibt. Armin Holp, der im Mai eine „Freiraum-Demo“ organisiert hatte, sagt: „Ärger machen meisten die neu Hinzugezogenen.“ Wer mit Kneipen nicht zurecht komme, der müsse halt an den Stadtrand ziehen. Mit der Postkartenaktion knüpfen die beiden an eine Demo an. Damit wollten die Initiatoren erreichen, dass „die Plätze, die es in der Stadt gibt, auch genutzt werden dürfen, dass Jugendliche und Junggebliebene, die feiern wollen, nicht ständig verjagt werden“, so Holp. Es gehe auch darum, auf der Backnanger Markung einen Platz zu finden, wo Jugendliche spät abends noch grillen können. Rund 30 Kneipiers unterstützen die Demo, weil sie immer öfter Probleme hätten mit Anwohnern, die sich beschwerten.

Mittlerweile dürfte das Backnanger Ordnungsamt mitbekommen haben, dass es in der Stadt nicht nur Leute gibt, die meinen, Backnang sei „zu laut und zu bunt“, sagt Claudia Fischer. Beim Ordnungsamt sind bis dato knapp einhundert „I herz BK“-Postkarten eingetrudelt.