Drei Jahre lang haben die Stadträte beraten, diskutiert und gestritten – jetzt haben sie beschlossen: der heimische Kandidat bekommt den Konzessionsvertrag. Die Kommunalpolitiker sehen große Chancen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Die Diskussionen sind gut drei Jahre lang hinter verschlossenen Türen geführt worden. Jetzt ist die Entscheidung in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung gefallen: Die Stadtwerke Backnang bekommen den Konzessionsvertrag für das Stromnetz. Am Dienstagabend haben die Stadträte sich einstimmig für den Kandidaten aus der eigenen Stadt entschieden.

 

Das Kommunalparlament folgte mit seinem Votum dem Vorschlag der Stadtverwaltung: Die Stadtwerke Backnang GmbH erhielten den Vorzug vor der Süwag Energie AG, die bisher die Konzession hat. Die Verwaltungsspitze wurde aufgefordert, den Vertrag „endzuverhandeln“. Mit dem Wechsel des Konzessionsnehmers geht eine exakt 100-jährige Kooperation zu Ende. Die Süwag, beziehungsweise deren Vorgängerfirmen waren zumindest in einigen Backnanger Stadtteilen seit 1913 tätig. Alle Stadträte sehen aber größere Chancen im Wechsel. Sie wollen die eigenen Stadtwerke, an denen die EnBW mit 49 Prozent beteiligt ist, zu einem Allsparten-Unternehmen weiterentwickeln. Bis dato vertreiben die Stadtwerke Gas und Wasser. Oberbürgermeister Frank Nopper sagte, die Stadträte hätten bei den neuen Stadtwerken mit der zusätzlichen Sparte Strom künftig „größtmögliche Einwirkungsmöglichkeiten“.

Eine strategische und politische Entscheidung

Zuvor hatte er erklärt, dass der Gemeinderat „vor einer der schwierigsten und weit reichendsten Entscheidungen der letzten Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte“ stehe. Nopper sprach von einer strategischen und politischen Entscheidung. Nach einem langen Abwägungsprozess habe sich die Verwaltung für die Stadtwerke entschieden. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem derzeitigen Partner, der Süwag, indes hätte „ich mir auch vorstellen können“, sagte er.

Die unternehmerischen Risiken für die Stadt Backnang, die zweite Gesellschafterin der Stadtwerke, seien „im staatlich regulierten Stromnetzgeschäft beherrschbar“. Die Konzessionsverträge der beiden Anbieter seien nur in Details unterschiedlich, hieß es in der Sitzung.

Externe Fachleute haben die Stadt beraten

Die Stadt hatte in Kooperation mit externen Fachleuten einen Kriterienkatalog zusammengestellt und für die drei Bereiche „Konzept für den Stromnetzbetrieb“, „kommunalfreundliche Regelung im Vertrag“ und „Kooperationsmodelle“ Punkte vergeben. In der Endabrechnung bekamen die Stadtwerke 1600 Punkte, die Süwag 1529 Punkte – der Vorsprung beträgt also knapp fünf Prozent.

In der angenommenen Verwaltungsvorlage heißt es, „bei mehreren Kriterien wäre es vertretbar gewesen, die Stadtwerke noch besser zu bewerten“. Die Bundesnetzagentur beziffere den sogenannten Effizienzwert der Süwag mit 87,4 Prozent, den der Stadtwerke-Partner EnBW aber mit 100 Prozent. Die Süwag wollte das von der Stadt eingesetzte Kapital in Höhe von rund 2,1 Millionen Euro mit 5,5 Prozent verzinsen. Im jetzt gewählten Modell muss die Stadt etwa 2,9 Millionen Euro bereit stellen, diese Summe werde „mit sieben Prozent variabel (erfolgsabhängig)“ verzinst. Ein großer Vorteil des Partners Stadtwerke ist in den Augen der Kommunalpolitiker, dass ein steuerlicher Querverbund möglich wird, Verluste etwa in Bereich Bäder könnten mit Gewinnen verrechnet werden.

„Zumutbares unternehmerisches Risiko“

Volker Schwarze (CDU) sagte, er erwarte Synergieeffekte und „neue Gestaltungsmöglichkeiten“, aber auch ein „gewisses, aber zumutbares unternehmerisches Risiko“. Ulrich Jeggle (Bürgerforum) erklärte: „Die Chancen und Risiken stehen in einem guten Verhältnis.“ Heinz Franke (SPD) sprach von „ordentlichen Zukunftsperspektiven“ für die Stadtwerke.

Oberbürgermeister Nopper sagte nach der Entscheidung, dass die Stadt nun versuchen werde, „befreundete Nachbarkommunen“ als Partner ins Boot zu holen. Noch sei es möglich, „ein kleines Regionalwerk“ ins Leben zu rufen. Nachbargemeinden, die noch keinen neuen Konzessionsvertrag abgeschlossen haben, könnten sich als neue Gesellschafter an den Stadtwerken Backnang beteiligen.