Der Backnanger Stadtrat Manuel Häußer spendet Stammzellen und rettet einem unbekannten krebskranken Mann in der Schweiz womöglich das Leben. Erst nach einem Jahr wird er erfahren, wie es dem Patienten geht.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Er hat die Entscheidung über eine längere Zeit regelmäßig vertagt. Denn dem damals zehnjährigen Neffen ging es ja inzwischen wieder ein bisschen besser. Immer an Silvester hat sich Manuel Häußer dann aber wieder aufs Neue vorgenommen: „In diesem Jahr lasse ich mich endlich als Knochenmarkspender registrieren“ – und dann ist doch Jahr für Jahr nichts daraus geworden. Wegen lauter eher blöden Ausreden, das sagt der 37-jährige Mann aus Backnang heute. Er sei halt ein bisschen ein Schisser, habe einen Mordsrespekt vor Spritzen.

 

Vor knapp einem Jahr hat der Backnanger CDU-Stadtrat dann aber doch endlich Nägel mit Köpfen gemacht. Er hat bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei – kurz DKMS – angerufen. Und dann ging alles ziemlich schnell, erzählt Häußer jetzt an einem trüben Nachmittag im Januar. Er bekam ein Wattestäbchen zugeschickt, mit der Bitte, eine Speichelprobe einzusenden. Im Sommer erhielt er dann schon wieder Post von der DKMS, diesmal mit der Information, dass er dringend als Stammzellspender benötigt werde. Ein paar Untersuchungen und Telefonate später lag er dann auch schon in einer Spezialklinik in Köln, wo ihm an einem Arm Blut abgezapft und am anderen Arm wieder zugeführt wurde. Nach etwa vier Stunden, so berichtet er hatte die sogenannte Apherese-Maschine aus seinem Blut zig Millionen Stammzellen separiert.

Einem todkranken 57-jährigen Schweizer geholfen

Bis dato weiß Manuel Häußer nur, dass er einem todkranken 57-jährigen Schweizer geholfen hat. Wer dieser Patient ist, das wird der Spender nie erfahren – so will es das Gesetz in der Schweiz. Ein Jahr nach der Stammzellspende habe der Empfänger die Gelegenheit, dem Spender einmal einen Brief zukommen zu lassen – aber nur anonym und vermittelt über die DKMS, erzählt Häußer.

Neben ihm sitzt sein mittlerweile 14-jähriger Neffe Robin Fayazi, der vor fast genau vier Jahren – am 20. Januar 2012 – eine niederschmetternde Diagnose bekommen hatte: Leukämie. Die Ärzte im Stuttgarter Kinderkrankenhaus Olgäle haben ihn damals zur sogenannten Hochrisikogruppe gezählt. Seine Überlebenschance hätten sie auf etwa 70 bis 80 Prozent geschätzt, erzählt der Jugendliche, der in Stuttgart wohnt und dort auch zur Schule geht.

Robin hatte kaum mehr Haar auf dem Kopf

Unmittelbar nach der Diagnose war Robins ganze Familie im Ausnahmezustand, seine Eltern sowieso, aber auch der Onkel Manuel Häußer. Robin kam damals indes ohne Stammzellspende aus. Gut ein Jahr lang Chemotherapie und dann noch mal ein Jahr lang eine Behandlung mit Tabletten – die Nebenwirkungen der lebensnotwendigen Medikamente seien heftig gewesen, erzählen der Jugendliche, dessen Mutter Monireh Pouragah und der Onkel. Robin hatte kaum mehr Haar auf dem Kopf, war total abgemagert und schwach, hatte mitunter höllische Schmerzen. Heute geht es Robin gut, er muss aber alle drei Monate zur routinemäßigen Kontrolle.

Hätte der Neffe eine Stammzellspende benötigt, dann, sagt Manuel Häußer, hätte er sich ganz bestimmt sofort typisieren lassen. Im Rückblick verstehe er gar nicht, warum er so lange gezögert habe. Die Spende habe ihm keinerlei Probleme bereitet und einem Mann im Nachbarland womöglich das Leben gerettet. Er könne allen Menschen nur empfehlen, sich besser heute als morgen bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei registrieren zu lassen.