Erfolg lässt sich nicht planen, aber wenn er mal da ist, sollte man ihn feiern. Ob hinter der Bühne mit Bausa und Rin oder im Herzen von Stuttgart, wo sich ein temporäres Konzept hält.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Alles hat seine Zeit, nichts ist für die Ewigkeit. Und weil bei manchen Projekten schon von Anfang an ein Ende feststeht, haben sie ihren besonderen Reiz. Das gilt fürs Fluxus in der Calwer Passage ebenso wie fürs Kaufhaus Mitte im Königsbau, „ Stuttgarts größte Plattform für kleine und regionale Brands“, wie Daniel Brunner das Konzept bescheiden beschreibt. Das Kaufhaus gibt es seit einem Jahr, obwohl es ursprünglich nur neun Monate sein sollten. Der Vertrag wurde bis Dezember verlängert, danach könnte es auch noch weitergehen – bis der Königsbau dann irgendwann saniert wird.

 

„Make the Königstraße great again“, lautet das freche Motto gegen die Filialisten-Massenware, und der Laden läuft, wie’s scheint. Zum Jubiläum ist viel Hipstervolk gekommen, um sich von Markus Escher einen Gin Tonic mit dem soeben weltmeisterlich ausgezeichneten Ginstr oder Limo-drinks von den Stiege-4-Jungs mixen zu lassen. Für den stimmigen Sound zwischen Szeneklamotten und Stuttgart-Devotionalien – außer Fernsehtürmen auf allerlei Produkten gibt es etwa auch Frühstücksbretter mit Bad-Berg-Motiven – sorgte Noah Kwaku. Der Stuttgarter ist ganz neu im Geschäft, also im Musik-Business, hat erst eine Platte mit sechs Songs veröffentlicht, ist aber mit seinem gefühlvollen Souljazz schon ein Everybody’s Darling. Dennoch bleibt er auf dem Boden, will erst mal sein Studium der Elementaren Musikpädagogik durchziehen und denkt an einen Job in der musikalischen Früherziehung. „Vor einem Musikerleben jedenfalls habe ich großen Respekt“, sagt Kwaku.

Auch Aogo und Vidal sind Kunden von Bausas Friseur

Bausa steckt jetzt mittendrin in so einem Leben, und zwar so erfolgreich wie derzeit kaum ein anderer in Deutschland. Mit „Was du Liebe nennst“ und einem witzigen Video dazu hat er Rekorde gebrochen: Der Song war neun Wochen auf Platz eins der Single-Charts und wurde innerhalb einer Woche 4,6 Millionen Mal online aufgerufen. Das ist mehr als der bisherige Rekord von Ed Sheeran, mit dem Bausa am 12. April erneut im Wettbewerb steht. Beide sind für vier Echos nominiert, und in der Kategorie „Hit des Jahres“ tritt der Bietigheimer Rapper gegen den britischen Superstar an.

Welcher Preis es auch wird – Bausa ist „stolz auf den Erfolg, auf den ich lange hingearbeitet habe“. Diese Woche gab es wegen der großen Nachfrage ein Zusatzkonzert im LKA-Longhorn, und vor seinem Auftritt wurden erstmal die Haare schön gemacht, weil er sich so frischer fühle. Friseurtermine sind immer Vertrauenssache, umso dankbarer muss man für ein solch exklusives Gespräch in intimer Atmosphäre sein. Dem (Welt-)Meisterfriseur Tugay Zeyrek aus Metzingen vertrauen auch VfB-Spieler wie Dennis Aogo oder Bayern-Krieger wie Arturo Vidal – und Schwergewichte aus der Hip-Hop-Szene. Von denen sind einige da, um vor, während und nach dem Konzert hart zu feiern. Rin, ebenso erfolgreicher Rapper aus Bietigheim, springt auch zu Bausa auf die Bühne, um sein „ich geh raus mit meinen Jungs heut“ zu brüllen. Die Frage, ob inzwischen irgendeine offizielle Anerkennung für die berühmten Söhne der Kleinstadt gekommen sei, verneint er ebenso wie Bausa, scherzt aber: „In ein, zwei Jahren hol ich mir den goldenen Schlüssel der Stadt!“

Okay, Bietigheim hat ja schon einen coolen Pferdemarkt und mit Hartmut Engler einen richtigen Popstar. Bausa freut sich derweil darauf, im Juni auf der größten Bühne Deutschlands zu stehen. Bei Rock am Ring will er „mit Band auch ein bisschen rockiger werden“, sagt er. Bis dahin suche er sich mit seinen Produzenten „irgendwo eine schöne Finca“, um an neuen Songs zu basteln. Er könne jetzt eben „mehr Geld investieren“, wolle sich aber weiterhin „von niemanden reinreden lassen.“

Ein Zeichen für Erfolg ist auch Bausas Spruch auf Instagram: „Seit ‚Was du Liebe nennst‘ schicken mir Mütter Nudes und wollen Sex Dates.“ Da muss man mal nachhaken. Nein, nein, er sei schon vorsichtig. Sein Publikum aber ist tatsächlich deutlich jünger als die hippe Posse im Backstage-Bereich, wie man auch auf der Hallentoilette registrieren muss, wo ein Mittvierziger fragt: „Und? Auch mit den Kindern hier?“