Sie haben an einem Innovationsspiel teilgenommen. Doch mit ihren Ideen für die Zukunft des Gesundheitswesens ist den Neuntklässlern aus Bad Boll ernst.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Noch kurz ein Kontrollblick auf den Bildschirm. Den Patienten, die dank der technischen Hilfsmittel selbstständiger agieren, aber auch besser überwacht und betreut werden können, geht es gut. Die Pflegerin kann die wohlverdiente Mittagspause genießen, sie legt sich auf eine Liegestuhl am Pool oder gönnt sich eine kurze Massage. Nach der Arbeit wird dann der Sohn aus der 24 Stunden geöffneten Kinder- und Jugendtagesstätte abgeholt, ehe es zufrieden nach Hause geht.

 

Schön wär es, würden im Gesundheitswesen solch paradiesischen Zustände herrschen. Für die Klasse 9 a der Bad Boller Schickhardtschule tun sie das, zumindest vom Jahr 2030 an im Göppinger Christophsbad. Die Jungs und Mädchen haben in dieser Woche eine Vision entworfen, die im Rahmen der Aktion „Jugend denkt Zukunft“ Gestalt bekommen hat. Unter dem Titel „Arbeiten im Gesundheitswesen – Bilder und Wirklichkeit“ sind die zwei Dutzend jungen Leute in sämtliche Facetten des Klinikalltags eingetaucht, sie haben mit den Beschäftigten und mit Patienten gesprochen und darüber hinaus hinter die Kulissen der Göppinger Fachkrankenhauses geschaut.

Kurzweilige Präsentation mit Aha-Effekten

Gestern nun wurde das Szenario, das dem Christophsbad Fachkräfte sichern, dem Personal das Schaffen aber auch gehörig erleichtern soll, mehr als 100 Gästen vorgestellt. Prominente Politiker, Vertreter des Landratsamts, der IHK und des Gesundheitsamts, aber auch Schulleiter, Lehrer und Eltern haben die kurzweilige Präsentation interessiert verfolgt und dabei mit Sicherheit den einen oder anderen Aha-Effekt erlebt.

Vieles von dem, was die Schülerschar vorgestellt hat, wie etwa die Rund-um-die-Uhr-Kindertagesstätte oder auch eine per I-Pad steuerbare Elektro-Bett-Rollstuhl-Kombination, ist zwar sicher noch Zukunftsmusik. Sollte es derartige Instrumentarien aber wirklich einmal geben, könnten sich Einrichtungen, durch deren Anwendung gewiss mehr als nur einen kleinen Standortvorteil verschaffen. Und was die Neuntklässler ebenfalls deutlich gemacht haben: im Wettlauf um qualifizierte Arbeitskräfte müssen Kliniken künftig mehr als bisher für sich werben

Meike Ludwigs, die Moderatorin von der verantwortlichen Kommunikations- und Strategieberatungsgesellschaft Ifok, hat den Schülerinnen und Schülern bei ihrem Tun freie Hand gelassen. Und so sind mit Unterstützung der Klassenlehrerin Kerstin Schütz sowie durch die Hilfe etlicher Angestellter des Christophsbads ebenso kreative wie brauchbare Ergebnisse herausgekommen. „Das Innovationsspiel hat zu einem Denken ohne Schranken und zur ernsthaften Beschäftigung mit dem Thema geführt“, sagte Ludwigs.

Viele Ideen sollen aufgenommen werden

Auch Birgit Gambert, die Pflegedirektorin der Spezialklinik, fand lobende Worte: „Zu Beginn hat es bei euch ja noch Vorbehalte und Vorurteile gegen den Krankenhausbetrieb und gegen das Berufsfeld gegeben. Doch was am Ende bei eurer Arbeit herausgekommen ist, ist spannend, hochkreativ und visionär.“ Es seien viele Ideen dabei, die einfach aufgenommen werden müssten, fügte sie hinzu.

Die Neuntklässlerin Elisa Bäßler machte deutlich, dass die externe Unterrichtswoche viel mehr war als ein Spiel. „Wir haben etwas gelernt, was uns im Leben weiterhilft, und wir haben ein positives Bild von einem Beruf entwickeln können, der bei vielen Leuten keinen guten Ruf hat“, erklärte sie. Doch die 15-Jährige weiß auch, dass an einer Stellschraube gedreht werden muss, wenn aus den Utopien Realität werden soll. „In der Pflege ist die schlechte Bezahlung ein Problem, das die Politik lösen muss“, erklärte sie – und blickte wie zufällig in Richtung der prominenten Gäste.