Zu bruddeln hat der Schwabe immer etwas. Aber ist er auch im Besitz der entsprechenden Wörter, um seinen Unmut auszudrücken? Der schwäbische Schimpfkalender, der nun erhältlich ist und auf den Sammlungen des Mundartdichters Thaddäus Troll beruht, hilft dabei weiter. Zusammengestellt wurde dieser von dessen früherer Privatsekretärin Eleonore Lindenberg. Im Stadtmuseum ist der Kalender erhältlich.

Bad Cannstatt - Mit dem schwäbischen Schimpfen hat sich Thaddäus Troll intensiv befasst. Das weiß Eleonore Lindenberg und hat einen neuen Schimpfkalender zusammengestellt. Gerne erinnert sich Trolls Privatsekretärin an die Anfänge. Das Besondere, so Lindenberg, es gibt schwäbische Schmeicheleien genauso wie Bezeichnungen, die Respekt und Anerkennung ausdrücken: „So ein Erdafetz“ zum Beispiel oder ein „Heidablitz“, was laut Thaddäus Troll mehr anerkennend als beschimpfend gemeint ist. Und die schwäbische Nachsilbe „...le“ verwandelt manches Schimpfwort in ein einschmeichelndes Kosewort: „Hosascheißerle“, „Rotznäsle“, „Luaderle“, „Lompamenschle“ oder „Saumenschle“. Es finden sich vielerlei kuriose Wörter – vom „Fetzamädle“, dem „Muggazähler“ bis zur „Altstadtlatsche“ und dem „Lauskrott“.

 

Doch wie entstand eigentlich der Trollsche Schwäbische Schimpfkalender? Verleger Kristof Wachinger vom Verlag Langewiesche-Brandt in Ebenhausen bei München – er starb im Juli dieses Jahres im Alter von 88 Jahren – fragte 1969 bei Troll an, ob er für das Jahr 1970 einen Kalender mit schwäbischen Schimpfwörtern zusammenstellen könne, so wie es in seinem Verlag schon einen solchen mit bayrischen Schimpfwörtern gab. „Thaddäus Troll ging sofort darauf ein, notierte alle Schimpfwörter, die ihm einfielen und forderte seinen Freundes- und Bekanntenkreis auf, es ihm gleichzutun“, sagt Lindenberg. 1970 erschien schließlich der erste Schwäbische Schimpfkalender.

Texte persönlich abgegeben

Die Stuttgarter Nachrichten griffen ein Jahr später die Idee auf und kündigten an, jeden Tag ein Schimpfwort mit Erläuterungen zu Herkunft und Bedeutung zu veröffentlichen. Troll half mit und versorgte die Lokalredaktion mit Inhalt. „Damals gab es noch kein Telefax“, erinnert sich Lindenberg. Die schwäbischen Ausdrücke per Telefon zu übermitteln, wäre etwas problematisch gewesen. „Deshalb habe ich die Schimpfworte samt Erklärungen oftmals nach Thaddäus Trolls Diktat per Schreibmaschine zu Papier gebracht und auf dem Heimweg persönlich in der Zeitungs-Redaktion abgeliefert.“ Die Tageskolumne hatte dann zur Folge, dass Leser ihrerseits dazu beitrugen, dass die Sammlung weiteren Zuwachs bekam und Thaddäus Troll sich daraufhin vornahm, ein Buch zum Thema „Schwäbisch schimpfen“ zu verfassen.

Kristof Wachinger veröffentlichte in Erinnerung an Troll den dann von Lindenberg zusammengestellten Schimpfkalender, bis 1988 der Verleger Titus Häussermann die Tradition bis zum Jahr 2000 fortführte. Zwei Jahre zuvor hatte Lindenberg beschlossen, die 365 Schimpfwort-Erklärungen des Jahres 1971 dem noch sehr jungen und aufstrebenden Verlag anzubieten, der sofort zugegriffen hat. „Den Namen Thaddäus Troll im Autorenverzeichnis anführen zu können, war dem Verleger verständlicherweise sehr willkommen“, weiß die Privatsekretärin.

Acht Jahre Pause

1987 ist „Thaddäus Trolls schwäbische Schimpfwörterei“ erschienen, versehen mit einem „Vorwördle“ von Helmut Pfisterer. Er wollte nicht in den von Troll mitbegründeten Verband deutscher Schriftsteller eintreten, bis Lindenberg mit ihrer Überredungskunst Erfolg hatte. „Eines Tages war er einer von Trolls Nachfolgern als Vorsitzender des Schriftstellerverbands.“

Nach einer achtjährigen Pause sorgte Peter Grohmann von den Stuttgarter AnStiftern 2009 acht Jahre lang für eine Fortsetzung der Tradition. Als Grohmann dies altersbedingt aufgab, wandte sich Lindenberg an Peter Hinderer, bei dem sie offene Türen einrannte. Der Dudelsäckle-Vorsitzender hat nun Trolls schwäbischen Schimpfkalender für 2019 herausgegeben, zusammengestellt von Lindenberg. Förderer sind Pro Alt-Cannstatt und der Förderverein Schwäbischer Dialekt.