Das Römerkastell ist Heimat von Kreativen und Medienschaffenden. Jetzt soll es zum Stadtteilzentrum werden.

Bad Cannstatt - Die ersten paar Monate seien unheimlich gewesen. Menschenleer und dunkel waren die weitverzweigten Gänge in der ehemaligen Reiterkaserne, die damals saniert wurde. Längst aber ist aus dem ehemaligen Militär- ein Medienareal geworden – wobei die Pläne für eine weitere Expansion in Bad Cannstatt nun Kontroversen auslösen.

 

Es sei vor allem die vergleichsweise günstige Miete gewesen, die ihn als Existenzgründer vor zehn Jahren auf das einst militärisch genutzte Gelände auf dem Hallschlag getrieben habe, erinnert sich Patrick Klemenz, der Inhaber der Schlagzeugschule RhythmZone. Heute möchte er gar nicht mehr weg: „Die Mieter haben ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis, es gibt ausreichend Parkplätze und Einkaufsmöglichkeiten.“ Erst vor knapp zwei Jahren ist der Eventdienstleister Pool Group ins Römerkastell eingezogen. Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen, sagt der Geschäftsführer Olaf Danner. Der Charme der modern renovierten historischen Gebäude sowie das kreative Umfeld hätten das Unternehmen überzeugt: „Hier werden auch mal beim Mittagessen oder in der Raucherpause neue Kontakte geknüpft.“

Das Römerkastell lockte viele Kreative an

Mögliche Synergien zwischen Unternehmen, das historische Flair des ehemaligen Römerkastells und die gute Infrastruktur haben in den vergangenen zehn Jahren viele Kreative nach Bad Cannstatt gelockt: „Alle derzeit ausgebauten Flächen sind vermietet“, sagt Simone Merkle, die Geschäftsführerin der MKM Römerkastell GmbH. Die Gesellschaft hat den Komplex Ende 2001 mit der Vision erworben, ein Medienareal zu schaffen. Heute arbeiten auf dem 30 000 Quadratmeter großen Gelände bis zu 1000 Menschen, 95 Prozent davon sind Medienschaffende. Neben kleinen Start-ups, Redaktionsbüros und Werbeagenturen finden sich auch bekannte Namen wie Regio TV, die Bavaria Fernsehproduktion und Radio NRJ auf den Klingelschildern. Viele Unternehmen sind im Lauf der Zeit gewachsen: Die Kreativagentur Kunstwerk und die Schlagzeugschule RhythmZone haben schon zusätzliche Räume gemietet, die Macromedia-Hochschule plant ebenfalls eine Erweiterung.

Vergrößern will sich auch die MKM Römerkastell. 20 000 Quadratmeter groß ist das Grundstück an der Westseite des Areals, das der Investor von der Stadt gekauft hat. Sobald der Gemeinderat grünes Licht gibt, sollen dort weitere Büros sowie Einzelhandels- und Gastronomiefirmen angesiedelt werden. „Als Stadtteilzentrum will das Römerkastell die Stadtteile Hallschlag und Altenburg zusammenführen“, sagt Merkle. Neben den klassischen Nahversorgern wie einem Supermarkt, einem Bäcker und einem Metzger möchten die Betreiber einen Wochenmarkt etablieren. Noch in diesem Jahr sollen die Bauarbeiter anrücken, im Jahr 2015 soll der Umbau fertig sein. Das Areal wird sich baulich zu seiner Umgebung hin öffnen: Ein großer Durchbruch für Fußgänger soll von der Straße Hallschlag und eine dritte Zufahrtsmöglichkeit für Autos von der Straße Am Römerkastell aus geschaffen werden.

Debatten um weitere Zufahrt

Diese Zufahrt hat im Bezirksbeirat Bad Cannstatt Debatten ausgelöst. Zusätzlichen Verkehr in die Straße Am Römerkastell zu leiten konterkariere das Ziel der Sozialen Stadt, die Wohnqualität zu erhöhen, so der Grünen-Bezirksbeirat Peter Mielert. Besonders pikant: 800 000 Euro soll es aus Mitteln der Sozialen Stadt für die Gestaltung des öffentlichen Platzes geben. „Es ist eine Perversion der Bürgerbeteiligung, aus dem Topf etwas zu bezahlen, was dort nicht gewollt ist“, sagte Stefan Conzelmann (SPD). Obwohl auch die CDU eine Erschließung von der Straße Hallschlag aus vorgezogen hätte, plädierte Walter Opfermann dafür, das Projekt nicht scheitern zu lassen: „Insgesamt wird der Hallschlag durch die neue Nutzung aufgewertet.“

Der Bezirksbeirat sprach sich letzten Endes mehrheitlich für die Ordnungsmaßnahme aus, die dem Investor die Summe gewährt. Allerdings müsse die Zufahrt selbst aus anderen Mitteln finanziert werden. Außerdem müsse der öffentliche Platz den Bürgern viermal pro Jahr kostenlos etwa für Stadtteilfeste zur Verfügung stehen.