In Bad Herrenalb reagieren die Bürger misstrauisch auf Pläne, die alte Therme abzureißen und durch eine gigantische Bäderlandschaft zu ersetzen. Sie fragen sich: Wer ist der unbekannte Investor?

Bad Herrenalb - Der heilklimatische Kurort Bad Herrenalb (Kreis Calw) glänzt bisher mit den idyllisch anmutenden Überresten des einstigen Klosterhofs, einem weitläufigen Kurpark und vielen Wanderwegen. Doch jetzt plant ein bisher unbekannter Investor ein gigantisches Bäderprojekt mit Gewerbebauten. Dagegen laufen die Bad Herrenalber seit Wochen Sturm. Sie planen nun ein Bürgerbegehren.

 

Erst wenige Wochen ist es her, dass die Bewohner die Pläne der Landesregierung für einen Nationalpark im Nordschwarzwald abgelehnt haben. Seit Ende Juli gibt es ein neues Gesprächsthema: einem kleinen Kreis von Bürgern und Gemeinderäten hatte ein geheimnisvoller Immobilienfachmann erste Skizzen präsentiert. Dem parteilosen Bürgermeister Norbert Mai kommt das Projekt offenbar wie gerufen für die hochverschuldete Stadt.

Der Ortseingang würde völlig neu gestaltet

Die sogenannte Schweizer Wiese soll komplett einem Investor überlassen werden. Das ist nicht nur der untere Teil des Kurparks, sondern zugleich das Entrée des Ortes. Die bisher dort existierende, eher beschauliche „Siebentäler Therme“ soll diesen Plänen nach abgerissen werden. Entstehen soll eine ausgedehnte Bäderlandschaft mit Familienbereich, Therme, Wellness und Sauna, auch von Schönheitschirurgie ist die Rede. Daneben sind eine Ladenzeile – in der Größe des bisherigen Einzelhandels im Kernort – sowie zehnstöckige Hotels und ein Parkhaus mit 1500 Plätzen geplant. Die Rede ist von einer Gesamtinvestition von 160 Millionen Euro. Täglich zwischen 1800 und 2000 Besucher sagen die Investoren voraus.

Die Stadt, die 1954 Heilklimatischer Kurort wurde und seit 1971 den Titel Bad führt – hat selbst im Kernort Herrenalb bis heute nur 4000 Einwohner. Der Investor gab offenbar zudem das Versprechen ab, der Kommune die Schweizer Wiese samt Therme „für einen zweistelligen Millionenbetrag“ abzukaufen. Damit könnte die Stadt auf einen Schlag ihre Schulden abtragen. Das alles, unken Beobachter, klinge etwas zu schön, um wahr zu sein.

Einer der Ersten, der sich kritisch zu Wort meldete war der frühere SPD-Stadtrat Rainer Merkle. Er befürchtet, dass von der 700 Meter langen Wiese, auf der sich an Wochenenden oft bis zu 500 Menschen tummeln, nichts mehr bleibt. An die Wiese grenzt das Flüsschen Alb und ein Wahrzeichen der Stadt – der Falkenstein-Fels. Der Bereich westlich davon ist überwiegend als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Initiative sammelt Unterschriften für Bürgerentscheid

Eine Anfang August gegründete Initiative sammelt Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Knapp 800 Unterstützer braucht sie und wird sie, wie es aussieht, auch bekommen. Der Sprecher der Initiative, Gerhard Geschwill sagt, man wolle „nicht mit einem kategorischen Nein dastehen“. Man wisse, dass in Bad Herrenalb etwas geschehen müsse, zwei Nummern kleiner täten es aber auch. Auch Andreas Tockhorn von der BI übt Kritik: „Eine solche Größenordnung übersteigt das Mandat eines Gemeinderats, das ist nicht nur ein Feuerwehrschuppen.“

Bürgermeister Norbert Mai vertröstet auf Ende August. Dann will die angeblich in der Schweiz beheimatete Investorengruppe „T.A.S. Vermögensverwaltung und Holding AG“ mit einem Architekturbüro aus Biberach eine Pressemappe vorlegen. Wer genau dahintersteckt, weiß man noch nicht. Auch eine 300 Seiten umfassende Machbarkeitsstudie soll vorliegen, die den 18-köpfigen Gemeinderat „ziemlich überzeugt haben soll“. Selbst grüne Räte seien von dem Projekt angetan. Der Immobilienvertreter, der das Projekt im Juli vor Ort erstmals vorstellte, soll jedoch nicht einmal eine Visitenkarte dabeigehabt haben. Eine Anfrage der Lokalpresse wurde vom Bürgermeister weitergereicht, was manchen verwunderte. BI-Sprecher Geschwill sieht es kritisch wie „die Gemeinderäte seit Jahren in großer Harmonie vereint sind“.

Der Landkreis Calw hat Verständnis für alle Seiten

Der Stellvertreter des Landrats in Calw, der Erste Landesbeamte Frank Wiehe, sieht – auf Anfrage – in dem Projekt „sicherlich große Chancen für Bad Herrenalb“, das auch die überregionale Bekanntheit des Tourismusstandorts deutlich steigern könne. Er zeigt auch „großes Verständnis für den Diskussionsbedarf der Bürgerschaft“. Sofern die Stadt das Projekt wolle, werde es vom Landratsamt konstruktiv begleitet. Bereits Mitte August hatte sich Bürgermeister Mai auch offen gezeigt gegenüber einem Bürgerentscheid.