Der neue Werbefilm des Urlaubslands Baden-Württemberg stößt auf Kritik bei Facebook. Die Mountainbiker fühlen sich zu Werbestatisten degradiert. Der Vorwurf: die gezeigten wilden Waldabfahrten seien wegen der Zwei-Meter-Regelung nicht möglich.

Stuttgart - „Eigentlich ein schönes Video – wenn es nicht so verlogen wäre“. Das ist noch einer der harmloseren Kommentare auf Facebook über den neuen Imagefilm des Urlaubslandes Baden-Württemberg. „Ziemlich dreist mit illegalen Aktivitäten zu werben“, schreibt einer, „dieser Film verdient eine Anzeige wegen irreführender Werbung“, empört sich ein anderer. In Sarkasmus rettet sich der nächste: „Schon lustig, dass hier zu Straftaten aufgerufen wird. Ihr gangsta.“ Die Mountainbiker schäumen. Sie fühlen sich zu „Werbefilm-Statisten“ degradiert, die in der Realität aber ihren geliebten Sport so nicht ausüben dürfen wie in dem Film gezeigt.

 

Darin rast eine Sportlerin einen kurvigen Waldweg hinab und springt gekonnt über Böschung und Bodenwellen, unterlegt mit dem Text „wilde Trails“. Tatsächlich ist in Baden-Württembergs Wäldern das Radfahren im Wald nur auf Wegen erlaubt, die breiter als zwei Meter sind. Die Radfahrerverbände versuchten jüngst, diese Regelung mit rund 58 200 Unterstützerunterschriften zu kippen. Der Petitionsausschuss des Landtags hingegen lehnte eine Gesetzesänderung ab und empfahl, dass Kommunen und Verbände vor Ort über die Ausweisung solcher Singletrails entscheiden sollten. Forstminister Alexander Bonde (Grüne) hat jüngst per Erlass die Forstämter angewiesen, solche lokalen Initiativen aktiv zu unterstützen, Geld für die Planung und Ausschilderung in Aussicht gestellt. Sein Ziel: Zehn Prozent der Radstrecken im Südwesten sollen als Single Trails für die sportlichen Radler ausgewiesen werden. Die Biker halten dies für einen „langwierigen Prozess“, der „zu aufwendig, teuer und nur wenig praktikabel“ sei.

Kein Aufruf zu illegalen Aktivitäten

Auf den Sturm der Entrüstung im Netz hat die Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW) reagiert und auf Facebook bedauert, wenn „Irritationen hinsichtlich der Mountainbike-Szenen“ entstanden seien. Alle drei Szenen „sind auf Wegen entstanden, die breiter als die erforderlichen 2 Meter sind“, weist die TMBW den Vorwurf zurück, zu illegalen Aktivitäten aufzurufen. Dies hat auch ein Insider bestätigt. Er schreibt, dass die Bike-Szenen auf einem seiner „Hometrails“ gedreht wurden, „in der Tat sind die Stellen dort größtenteils >2m.“

„Wir haben alles richtig gemacht“, sagt der TMBW-Geschäftsführer Andreas Braun trotz der harschen Kritik in den sozialen Netzwerken. Braun freut sich über die Aufmerksamkeit und die „sensationellen Klickzahlen“ des Imagefilms im Internet. In der Sache gibt er den Radlern recht. „Ich bin für die Abschaffung der Zwei-Meter-Regelung“, erklärt Braun. Er ist davon überzeugt, dass ein rücksichtsvoller Umgang zwischen Wanderern und Radlern auch auf schmalen Waldwegen möglich sei. Dafür werbe er, auch in Gesprächen mit dem Minister, der bekanntlich Aufsichtsratsvorsitzender der TMBW ist. Braun wünscht sich „mehr Gelassenheit“ in der Debatte. Die Beschimpfungen im Netz aber sind für ihn ein Zeichen der „Intoleranz einer einzelnen gesellschaftlichen Gruppe“ gegenüber anderen.