Baden-Württembergs Kultusminister Stoch holt Kritiker an den Ganztagsschulen ins Boot: Er einigt sich mit dem Landessportverband auf vergütete Angebote für die Grundschulen.

Stuttgart - Die Tür zu mehr Ganztagsschulen in Baden-Württemberg ist nach Einschätzung von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) jetzt ein erhebliches Stück weiter aufgegangen. Sportvereine, die bisher oft große Bedenken gegen Ganztagsschulen gehabt haben, werden jetzt „systematisch in die Ganztagsbetreuung eingebunden“, sagte Stoch. Das Kultusministerium hat am Mittwoch mit dem Landessportverband (LSV) eine Rahmenvereinbarung geschlossen, die zusätzliche Sport- und Bewegungsangebote in der Ganztagsschule ermöglichen soll.

 

Wenn Ganztagsschulen außerhalb des Sportunterrichts außerschulische Partner suchen, sollen die örtlichen Sportvereine die ersten Ansprechpartner der Schulen sein. Der stundenplanmäßige Sportunterricht wird unverändert von den Sportlehrern der Schulen erteilt. Übungsleiter der Vereine sollen Zusatzangebote im Rahmen des Ganztagsbetriebs machen. Für sie sind Mindesthonorare von 25 Euro pro Stunde vorgesehen. Die Höhe der Vergütung ist ausdrücklich nicht festgeschrieben; sie soll zwischen den Schulleitungen und den örtlichen Sportvereinen geregelt werden.

„Riesenschritt nach vorne“

Zunächst sind die Grundschulen an der Reihe. Dieter Schmidt-Volkmar, der Präsident des Landessportverbandes, wertet dies als „Riesenschritt nach vorne“. Das Ziel der zusätzlichen Angebote sei, täglich eine Stunde Sport und Bewegung an den Grundschulen zu verankern. Stoch und Schmidt-Volkmar beriefen sich auf Ergebnisse der Hirnforschung, die besagen, dass regelmäßige Bewegung auch das kognitive Leistungsvermögen der Kinder steigere. Grundschulen, die Ganztagsschulen werden, bekommen bis zu zwölf zusätzliche Lehrerwochenstunden vom Land finanziert. Die Hälfte davon können sie als Geldleistung verlangen und davon beispielsweise die Übungsleiter bezahlen.

An der Basis, zumindest bei den großen Sportvereinen, kommt das Arrangement gut an. Roland Medinger, Geschäftsführer beim VfL Sindelfingen, dem mit 9000 Mitgliedern drittgrößten Sportverein in Baden-Württemberg, begrüßt die Vereinbarung. Gerade an Grundschulen biete sich die Möglichkeit, dass Kinder auch die regulären Angebote der Vereine annehmen würden. Bei älteren Schülern sinke das Interesse. Allerdings betont Medinger auch, dass es „für kleine Vereine, die nur über das Ehrenamt organisiert sind“, schwierig werde, Angebote für die Schulen zu leisten.

Die Befürchtungen der Sportvereine

Der Rahmenvereinbarung mit dem Sport soll laut Kultusministerium bis zum Sommer eine weitere Erklärung folgen, die den Einsatz von Vertretern von Kunst und Kultur, Kirchen und der Jugendarbeit in den Schulen regeln soll. Der LSV-Präsident Schmidt-Volkmar wertet die Vereinbarung als „einzigartig unter den Bundesländern“. Sie soll auch auf Kindergärten übertragen werden. Weiterführende Schulen, die einen Ganztagsbetrieb einrichten, sollen später folgen.