Nach zwei brutalen Übergriffen auf Polizisten am Wochenende hat Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall die Angriffe verurteilt.

Stuttgart - Nach mehreren brutalen Attacken auf Polizisten wollen Politiker und Gewerkschaft besseren Schutz für die Beamten und härtere Strafen für die Angreifer. Innenminister Reinhold Gall (SPD) verurteilte die Taten am Montag „auf das Schärfste“ und dringt zudem auf Gesetzesänderungen.

 

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg, Joachim Lautensack, forderte die Landesregierung auf, ein Signal zu setzen: „Wer Polizisten so verletzt muss ins Gefängnis.“ Am Wochenende waren mehrere Betrunkene ausgerastet und hatten Polizisten verletzt, mindestens einen davon schwer. CDU-Fraktionschef Guido Wolf beklagte einen zunehmenden Autoritätsverlust von Polizisten.

Häufig Alkohol und Drogen im Spiel

Im vergangenen Jahr war die Zahl der Gewaltdelikte gegen Polizisten im Land nach Ministeriumsangaben um fünf Prozent oder 183 Delikte auf 3766 gestiegen. Verletzt wurden 1784 (Vorjahr: 1730) Beamte. Fast zwei Drittel der Tatverdächtigen standen zur Tatzeit unter Alkohol. Alkohol und Drogen sind nach Aussage eines Polizeisprechers in Aalen für die „stetig zunehmende Aggressivität“ mit verantwortlich. Darüber hinaus sei „ein Werteverlust in der Gesellschaft“ spürbar.

In Fichtenau (Kreis Schwäbisch Hall) hatten drei betrunkene Männer zwischen 19 und 29 Jahren mehrfach auf den Kopf eines Polizisten geschlagen. Ihm sei beinahe das Ohr abgetrennt worden. Zwei weitere Polizisten und einer der mutmaßlichen Täter wurden bei dem Konflikt in der Nacht zum Sonntag verletzt. Die Schläger wurden festgenommen.

Ein 23-Jähriger aus Philippsburg (Kreis Karlsruhe) randalierte unter Alkohol- und Drogeneinfluss erst auf der Straße und dann zu Hause. Seine Mutter rief am Sonntag die Polizei. Als die Beamten den Mann in Gewahrsam nehmen wollten, wehrte sich dieser heftig und verletzte drei Einsatzkräfte mit Tritten und Bissen.

Ebenfalls an Polizisten hatte ein angetrunkener 19-Jähriger in Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) seine Aggressionen ausgelassen. Einem Beamten verpasste er am Samstag unvermittelt einen Faustschlag. Bei seiner Festnahme wehrte sich der 19-Jährige und versuchte mit Kopfstößen einen zweiten Beamten zu verletzten.

In der Freiburger Innenstadt versuchten am Samstag zwei Polizisten, einen Streit in einer Straßenbahn zu schlichten und wurden dabei beleidigt und durch Schläge und Fußtritte leicht verletzt. Drei Männer zwischen 16 und 21 wurden festgenommen.

Abschreckung durch "Bodycams"

Innenminister Gall kündigte an, noch in diesem Jahr sollten alle Alarmhundertschaften Körperschutzausstattung erhalten. Er verwies auch auf den geplanten Einsatz von Bodycams zur „höheren Abschreckung“. „Ich habe zudem das Thema Gewalt gegen Polizisten bei der jüngsten Innenministerkonferenz eingebracht“, sagte Gall. Damit soll erreicht werden, dass im Bundesrat schnellstmöglich über die aktuellen Gesetzesanträge entschieden wird. Das Saarland und Hessen habe beantragt, Gewalt gegen Polizisten härter zu bestrafen.

Gewerkschaftschef Lautensack wunderte sich über die Aussage Galls. „Dass er anlässlich der Vorfälle die Alarmhundertschaften ins Spiel bringt, verstehe ich nicht.“ Zwar sei ihre Ausrüstung sehr sinnvoll, bei den nun verletzten Beamten handele es sich jedoch um solche, die täglich ihren Dienst verrichteten.

Der CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2016, Wolf, sagte, anstatt wie die grün-rote Landesregierung über eine Kennzeichnungspflicht für die Beamten bei Großeinsätzen zu reden, sei eine Debatte über den Schutz von Beamten gegen Angriffe und Beleidigungen nötig.