Auch im neuen Schuljahr drohen an den Schulen des Landes Unterrichtsausfälle. Dabei gibt es teilweise mehr Bewerber als Stellen.

Stuttgart - Der Lehrermangel im Südwesten hält an - die Grundschulen werden nach Ansicht von Verbänden im neuen Schuljahr besonders darunter leiden. „Die Lehrerknappheit bleibt auf dem gleichen hohen Niveau wie im Vorjahr“, sagte die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz. Voraussichtlich blieben 500 Stellen an Grundschulen unbesetzt. Der Grundschulverband ist in Sorge, dass die Lücke nicht zu schließen ist. „Die Kollegen arbeiten bereits jetzt an der Obergrenze ihrer Leistungsfähigkeit“, mahnte Landeschef Edgar Bohn.

 

Nach Angaben des Kultusministeriums ist erst im September klar, wie viele Stellen noch offen sind. Zum neuen Schuljahr sind etwa 5500 Stellen zu besetzen. Zu Anfang des vergangenen Schuljahres waren 672 Stellen offen, vor allem an Grund- und Sonderschulen. Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU) stellt aber schon jetzt fest: „Auch im aktuellen Jahr ist die Lage auf dem Bewerbermarkt angespannt.“

Viele Bewerber für Gymnasien

Mehr Bewerber als Stellen verzeichnet sie derzeit nur bei den Gymnasien. Mehrere Tausend Männer und Frauen konkurrieren um 900 Stellen. Wer nicht zum Zuge komme, könne sich bei den Grundschulen bewerben. Sie appelliert an die Junglehrer, sich auf andere Schularten und neue Regionen einzulassen - mit der Perspektive auf eine unbefristete Stelle. Hunderte an Ministerium und Behörden abgeordnete Lehrer seien wieder in die Schulen geschickt worden. Eisenmann: „Die Unterrichtsversorgung hat für mich absolute Priorität.“

Bei den Sonderpädagogen, die auch in den Klassen mit behinderten Kindern an den Grundschulen unterrichten, fehlen Doro Moritz zufolge Bewerber für 100 Stellen. Die SPD im Landtag forderte die Regierung auf, die Streichung von 1000 Lehrerstellen zurücknehmen, die zum vergangenen Schuljahr wirksam geworden seien.

Anreize für ältere Pädagogen zum Weitermachen

Der Landeselternbeirat moniert, dass auch an Gymnasien, Real- und Werkrealschulen zu viele Stunden ausfallen. Das achtjährige Gymnasium sei zum siebenjährigen mutiert, so viel Unterricht falle über die Jahre aus, sagte Landeschef Carsten Rees. „Ministerin Eisenmann hat die undankbare Aufgabe, die Suppe auszulöffeln, die in den letzten zehn, 15 Jahren angerührt worden ist.“

Kurzfristig könnte eine höhere Altersermäßigung helfen, meint Doro Moritz. Viele ausgepowerte Pädagogen gingen im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand. Zwei Stunden weniger Unterricht ab 63 sei kein Anreiz weiter zu machen. Moritz schlägt vor: „Mit fünf Stunden pro Woche könnte ein Tag freigenommen oder jeden Tag eine Stunde weniger unterrichtet werden.“ Die SPD will Grundschullehrkräfte an Gemeinschaftsschulen durch Gymnasiallehrer ersetzen und an Grundschulen schicken. „Es bleibt unklar, warum Ministerin Eisenmann stattdessen lieber Gymnasiallehrkräfte an die Grundschulen lockt“, sagte der Bildungsexperte Daniel Born.