Ob Hochschulmedizin, außeruniversitäre Einrichtungen oder Wirtschaft: Angesichts großer Herausforderungen im Gesundheitswesen liegt es nahe, dass sich alle Beteiligten zusammenschließen. Diese Entwicklung will die Landesregierung mit einer erheblichen Summe vorantreiben.

Stuttgart - Die Landesregierung will mit 120 Millionen Euro Medizin- und Forschungsstandorte in Baden-Württemberg stärker vernetzen und international wettbewerbsfähiger machen. Dafür investiert sie in den Verbund der Hochschulmedizin im Land und in einen Innovationscampus Rhein-Neckar. Der Kampf gegen die Corona-Pandemie habe die Bedeutung eines starken Gesundheitswesens und einer guten biomedizinischen Forschungslandschaft deutlich vor Augen geführt, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Dienstag in Stuttgart.

 

Es gelte, Forschungsgebnisse möglichst schnell in die Anwendung umzusetzen, fügte sie mit Blick auf die Entwicklung des Corona-Impfstoffes hinzu. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte: „Die Bündelung der Kräfte ist entscheidend, um den Gesundheitssektor des Landes noch stärker zu machen und ihn krisensicher aufzustellen.“

40 Millionen Euro für „Leuchtturm“-Projekt

80 Millionen Euro sind für den Verbund aller medizinischer Fakultäten des Landes in Heidelberg, Tübingen, Freiburg und Ulm vorgesehen. Ende Februar sollen sie unter dem Dach des Vereins „Hochschulmedizin Baden-Württemberg“ zusammengeschlossen werden. Er soll Vorhaben für Kooperationen in Forschung, Lehre und Versorgung identifizieren und umsetzen. Bauer sagte, die zwischen den Hochschulstandorten bestehende Konkurrenz müsse mit dem Gedanken der Zusammenarbeit in Balance gebracht werden - ohne dass eigene Schwerpunkte verloren gehen müssten. Das Kabinett stellte einen ersten Teilbetrag von 60 Millionen Euro bereit.

40 Millionen Euro entfallen auf ein „Leuchtturm“-Projekt mit dem geplanten neuen Großklinikum Heidelberg-Mannheim sowie unter anderem dem Deutschen Krebsforschungszentrum, dem Max-Planck-Institut für medizinische Forschung, dem Zentralinstitut für seelische Gesundheit und der Mannheimer Fraunhofer-Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie. Wirtschaftsunternehmen in diesem Bereich sollen auch mit ins Boot geholt werden. Schwerpunkt der Förderung sind Projekte im Kampf gegen Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Infektionen, Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten. Die Zusammenarbeit erleichtere auch das Einwerben von Drittmitteln des Bundes und der EU, so Bauer. Überdies werde das Land damit auch für umworbene Experten attraktiver. Eine erste Tranche von 18 Millionen Euro ist freigeben.

Wissenschaftsstandort „Cyber Valley“ in Tübingen ist Vorbild

Vorbild für den Innovationscampus Rhein-Neckar ist der Wissenschaftsstandort „Cyber Valley“ in Tübingen, unter dessen Dach sich ein Forschungsverbund seit 2016 mit Künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigt. An dessen Finanzierung beteiligen sich auch Partner aus der Wirtschaft, darunter Amazon, Daimler und Bosch, die Universitäten Stuttgart und Tübingen sowie das Max-Planck-Institut.

Mit der engen Verzahnung von Gesundheitsversorgung, Forschung, Lehre und dem Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die Anwendung soll eine neue Leitindustrie begründet werden. Bislang gilt der Autobau als Leitindustrie im Südwesten. Die Vorhaben seien keine Eintagsfliegen und Grundlage dafür, dass die Wirtschaft „gutes Geld“ verdiene, so die Ministerin.