Baden-Württemberg will nicht von der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan abrücken. Menschenrechtsorganisationen kritisieren diese Praxis scharf.
Stuttgart - Im Unterschied zu anderen Bundesländern will Baden-Württemberg an der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan grundsätzlich festhalten. „Eine freiwillige Ausreise hat Vorrang, aber letztendlich sind wir laut Bundesgesetz zur Abschiebung verpflichtet“, sagte Vizeregierungssprecher Arne Braun am Montag in Stuttgart. Dies sei Konsens bei den Koalitionspartnern Grüne und CDU.
Abschiebungen von Asylbewerbern nach Afghanistan werden von Menschenrechtsorganisationen wegen des ungelösten Konflikts zwischen der Regierung in Kabul und Milizen wie der Taliban scharf kritisiert. Nach einem neuen UN-Bericht hat die Zahl der toten und verletzten Zivilisten in Afghanistan einen neuen Höchststand erreicht.
Mit der Praxis steht das Land nicht alleine da
Bisher habe Baden-Württemberg zehn abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben, hieß es aus Kreisen in Stuttgart. Mit der Praxis stehe das Land nicht allein, da etwa auch Hessen diesen Weg gehe. Die Landesregierung prüfe aber weiter die Einzelfälle.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Wochenende ein Nein von Schleswig-Holstein zur Abschiebung nach Afghanistan kritisiert. Die Entscheidung der SPD-geführten Landesregierung sei nach ihrer „festen Überzeugung“ nicht in Ordnung. Schleswig-Holstein hat bis auf Weiteres Abschiebungen mit Verweis auf Gefahr am Hindukusch gestoppt.
Auch Rheinland-Pfalz will vorerst keine abgelehnten Asylbewerber nach Afghanistan abschieben. Die Lage vor Ort sei „unverändert schlecht“, sagte Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) am Montag in Mainz zur Begründung. Auch Niedersachsen, Berlin und Bremen - in denen ebenfalls SPD-geführte Regierungen amtieren - zweifeln einem Bericht der Funke Mediengruppe zufolge an der Sicherheit in Afghanistan.