In keinem Land melden sich zu den Sommerferien so viele Lehrer arbeitslos wie in Baden-Württemberg. Das liegt an den Verträgen, die oft auf nur ein Schuljahr befristet sind.

Berlin/Stuttgart - Baden-Württemberg hat die deutsche Meisterschaft in einer fragwürdigen Disziplin verteidigt: In keinem anderen Bundesland mussten sich in diesen Sommerferien mehr Lehrer arbeitslos melden, weil ihre befristeten Verträge zum Schuljahresende ausgelaufen waren und sie erst mit Beginn des neuen Schuljahres erneut angestellt wurden. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Jens Brandenburg hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Demnach waren im Sommerferienmonat August insgesamt 2430 Lehrkräfte arbeitslos gemeldet – während es im Vormonat Juli nur 488 waren. Bereits im September, der im Südwesten noch fast zur Hälfte ein Ferienmonat war, ging die Zahl nach den Angaben des Bundesarbeitsministeriums wieder deutlich auf 831 zurück.

 

Bundesregierung sieht die Praxis „kritisch“

Legt man die Differenz von 1942 zwischen den Monaten Juli und August zugrunde, deutet sich ein weiterer Anstieg gegenüber dem Vorjahr an. Für 2018 hatte die Bundesagentur für Arbeit 1840 baden-württembergische Lehrer ausgemacht, die nur während der Sommerferien als arbeitssuchend gemeldet waren – eine solche auf den Tag genaue Auswertung steht in diesem Jahr noch aus, doch passen die vorläufigen Zahlen der Regierung in das Bild eines anhaltenden Trends. Waren es im Jahr 2014 den Arbeitsagenturangaben zufolge „nur“ 1470, die mit dieser Praxis des Kultusministeriums konfrontiert waren, ist die Zahl der Betroffenen seither stetig gewachsen.

Die Kritik daran ist nicht neu. Die Bundesregierung sieht die Praxis „kritisch, wenn bereits bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages absehbar ist, dass die Lehrkraft zu Beginn des darauffolgenden Schuljahres erneut eingestellt werden soll“. Zudem ärgert es den Bund, dass statt der Landeskasse die Arbeitslosenversicherung für die Sommermonate aufkommen muss. Das Bundesarbeitsministerium wollte bereits vor drei Wochen prüfen, „ob es auf Bundesländer zugehen wird“.

Das könnte nun die Landesregierung betreffen, da die Zahl der im Sommer arbeitslos gemeldeten Lehrer auch gegen den Bundestrend gewachsen ist. Verglichen mit dem Monat Mai, als es noch in keinem Bundesland Sommerferien gab und bundesweit 7237 erwerbslose Lehrkräfte für allgemeinbildende wie berufliche Schulen gezählt wurden, waren es im August 11 747 – das legt nahe, dass bis zu 4510 Personen sich nur für die Urlaubszeit arbeitslos gemeldet haben. Im Vorjahr zählte die Bundesagentur noch 6010 sommerferienbedingte Arbeitslosigkeitsmeldungen von Lehrern. So hat etwa Rheinland-Pfalz diese Zahl in den vergangenen Jahren am stärksten reduziert – von 770 im Jahr 2014 auf jetzt 195.

Millionenkosten für die Sozialkasse

„Es ist beschämende Routine, dass die grün-schwarze Landesregierung auch dieses Jahr wieder Tausende Lehrer über den Sommer in die Arbeitslosigkeit entlassen hat“, kritisiert der FDP-Mann Brandenburg, der den Wahlkreis Rhein-Neckar vertritt: „Diese unsägliche Praxis belastet nicht nur Lehrkräfte und ihre Familien, sondern auch die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung: Jahr für Jahr wälzen die Länder so Kosten von zehn bis 20 Millionen auf die Sozialkassen ab.“

Eisenmanns Ministerium verweist darauf, dass in Baden-Württemberg insgesamt 117 000 Lehrer an den öffentlichen Schulen unterrichten. Davon hätten nur drei Prozent eine befristete Anstellung als Angestellte – was ungefähr 3900 Lehrkräften entspricht. „Wir bieten in Baden-Württemberg im Schuldienst sichere und stabile Arbeitsverhältnisse“, sagte Amtschef Michael Föll. „Und wir könnten sogar noch mehr Junglehrerinnen und Junglehrern eine unbefristete Stelle anbieten, da wir immer noch Lehrkräfte für die Grundschulen, aber auch für weiterführende Schulen suchen.“ Doch viele Lehrkräfte schlügen ein solches Angebot aus, da es nicht am Wunschort sei.