Viel Regen und die einsetzende Schneeschmelze sind beste Voraussetzungen für Hochwasser in den Flüssen des Südwestens. Die Pegel an Rhein und Neckar steigen bereits.

Stuttgart - Zum zweiten Mal in diesem Jahr lassen Dauerregen und Schneeschmelze viele Bäche und Flüsse in Baden-Württemberg über die Ufer treten. Auf Teilen des Neckars wurde die Schifffahrt eingestellt. Am Montagmittag stand der Pegel Maxau (Karlsruhe) nur noch wenige Zentimeter unterhalb der Marke von 7,5 Metern, ab der keine Schiffe mehr passieren dürfen.

 

Im Schwarzwaldwald, im Allgäu und auf der Schwäbischen Alb sorgte warme Luft für eine rasche Schneeschmelze. Nach Angaben der Hochwasservorhersagezentrale (HZV) können die Wasserstände in einzelnen Bächen und Flüssen Werte erreichen, wie sie durchschnittlich nur alle zehn Jahre vorkommen.

Der Rhein bei Karlsruhe könnte bis zur Nacht auf Mittwoch den bisherigen Jahreshöchststand von 8,45 Metern (6. Januar) sogar noch etwas übersteigen. Der mittlere Wasserstand liegt bei 5,16 Metern. Im Mittel führt der Rhein an dieser Stelle 1265 Kubikmeter Wasser pro Sekunde.

Der Winter verabschiedet sich

Bei einem zehnjährlichen Hochwasser (Pegelstand 8,61 Meter) rauschen rund 4100 Kubikmeter pro Sekunde durch. Zum Vergleich: Das ist mehr als die Füllung eines olympischen Schwimmbeckens.

Mit dem Tauwetter verabschiedet sich der Winter vorerst aus Baden-Württemberg. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Stuttgart erwartet bis Mittwoch Höchsttemperaturen von 10 Grad in höheren Lagen und bis zu 16 Grad am Oberrhein.

„Deutlich zu mild“ seien die Temperaturen für diese Jahreszeit, sagte ein Sprecher. Von Freitag an werde es zwar wieder kälter, doch von winterlichem Wetter seien die Temperaturen weit entfernt. Mit Regen ist erst wieder am Freitag zu rechnen.

Ob die seit Wochen anhaltende Nässe mit gesättigten Böden und Pfützen auf Feldern und Wiesen bereits Schäden beim Wintergetreide anrichtet, ist nach Angaben des Bauernverbandes noch unklar. Für eine Beurteilung sei es zu früh, hieß es vom Verband in Stuttgart.

Der Januar entwickelt sich in Sachen Nässe in Baden-Württemberg rekordverdächtig. Je nach Ort fielen nach Angaben des DWD bis Montagmorgen zwischen 150 und fast 200 Prozent des langjährigen Mittels. Spitzenreiter ist Baiersbronn im Nordschwarzwald. Dort kamen bereits mehr als 338 Liter Niederschlag je Quadratmeter runter, 194 Prozent des Durchschnitts. Zum Rekord aus dem Jahr 1986 fehlt aber noch etwas. Der lag zu diesem Zeitpunkt bei 419,4 Liter.

Immer mehr Niederschläge im Winter

Auf niederschlagsreiche Winter und trockene Sommer müssten sich die Menschen in Baden-Württemberg einstellen, erklärte der Leiter des Nationalparks Schwarzwald, Thomas Waldenspuhl. Die Winterniederschläge haben seit der Jahrtausendwende um 33 Prozent zugenommen, wie aus einem Bericht der Landesregierung zu den Auswirkungen des Klimawandels im Südwesten hervorgeht. Im Nationalpark sei Natur ihrer freien Entwicklung überlassen. „Forst- und Landwirtschaft stellt dieser Klimawandel aber vor große Probleme“, sagte Waldenspuhl.

Auch nach sehr feuchten Wintern seien die Wasserspeicher im Boden nach zwei Monaten ohne Regen im Frühling wieder leer und die Bäume entsprechend geschwächt. „Das wiederum ist eine ideale Voraussetzung für Borkenkäfer.“ Im Nationalpark haben sie nach Waldenspuhls Angaben ihren Platz im natürlichen Ökosystem.

Die Moore erholen sich

Pufferstreifen schützen die umliegenden Wälder vor einer Ausbreitung aus dem Nationalpark. „Aber in den Wirtschaftswäldern selbst können die Borkenkäfer sich in sehr trockenen Sommern stark vermehren und große Schäden anrichten.“

Einen Gewinner hat der nasse Winter in jedem Fall: Die Moore können nach Waldenspuhls Angaben jetzt richtig auftanken und ihre Funktion als Speicher für Kohlendioxid erfüllen.