Wie war das bei einer Landtagswahl? Wie wird aus den Stimmen die Sitzverteilung im Landtag? Was waren noch mal Überhangmandate? Wir klären auf.

 

Stuttgart - Tja, so ist das nun mal: Jeder Wähler hat eine Stimme. Und die gibt er der Kandidatin oder dem Kandidaten seines Herzens. Oder entscheidet man sich doch eher fürs kleinere Übel? Wie auch immer: Man muss sich festlegen. Taktieren geht nicht. Nach dem Muster: dieser sympathische Kandidat soll die Erststimme bekommen, dafür jene Partei die zweite. Es gibt ja nur eine. So müssen sich auch alle in der Wahlkabine sortieren, die eigentlich Winfried Kretschmann als Regierungschef in Ordnung finden, aber nicht grün wählen.

So einfach das Wählen ist, so diffizil wird es, das Wahlergebnis umzusetzen. Gezählt ist ja noch schnell. Die Kommissionen vor Ort in den Wahlbezirken müssen nur schauen, ob ein Stimmzettel gültig ist und wo das Kreuz gemacht wurde. Eine einfache Additionsaufgabe. Am Ende kommt dann raus, dass die CDU soundsovielkommaix Prozent geholt hat, die Grünen soundsovielkommaypsilon und so weiter.

70 Erst- und 50 Zweitmandate

Für die Verteilung der Mandate ist das wichtig. Aber bis man dahin kommt, ist es noch ein Stück. Denn 70 Landtagsmandate werden direkt vergeben. Sie heißen Erstmandate und jeder, der in einem Wahlkreis die meisten Stimmen bekommen hat, erhält so eines. Es kann es vorkommen, dass eine Partei mehr Erstmandate gewonnen hat, als ihr nach dem Prozentergebnis eigentlich zustehen. Das hat es schon oft gegeben, und eigentlich ist es immer die CDU, der das passiert. Sie ist dann stolze Besitzerin von Überhangmandaten. Natürlich darf sie alle Mandate behalten.

Dafür erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Bei ihnen wird so lange gerechnet und nachjustiert, bis das prozentuale Stimmenverhältnis zwischen den Parteien im Land sich auch auf den Landtagsbänken einigermaßen abbildet. Natürlich muss eine Partei mindestens fünf Prozent der Stimmen landesweit bekommen haben, um überhaupt in den Landtag einziehen zu können. Die ganze Rechnerei wird noch dadurch verkompliziert, dass die Sitzzuteilung nicht auf Landesebene ausgerechnet wird, sondern auf der Basis der vier Regierungsbezirke.

Der Landtag wächst

Im Ergebnis führt das dazu, dass der Landtag nach dem Auszählen und Sitzzuteilen mehr Abgeordnete hat als die 120, die von der Landesverfassung vorgegeben werden – eigentlich gedacht als Summe aus 70 Erst- und 50 Zweitmandaten. 15 Wahlperioden hat der baden-württembergische Landtag seit Gründung des Landes schon erlebt. Aber nur dreimal hat es tatsächlich auch 120 Abgeordnete gegeben.

Das ist aber schon lange her. Seit 30 Jahren tendiert das Landesparlament zum Größenwachstum. Den – bisherigen – Rekord hat der zwölfte Landtag aufgestellt; in den Jahren von 1996 bis 2001 drängelten sich 155 Abgeordnete im Landtag; zuvor, von 1992 bis 1996 waren es aber auch bereits 146. Das hing in erster Linie damit zusammen, dass in jenen Jahren fünf Parteien im Landtag vertreten waren.

In der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode besteht das Landesparlament aus vier Fraktionen, hat aber auch 138 Mitglieder. Das lag daran, dass die CDU wieder die allermeisten Direktmandate im Land gewonnen hatte, beim Prozentergebnis aber schwächelte. Die aktuellen Umfragewerte lassen auch wieder einen großen Landtag erwarten.