Wer mit der Bahn von Karlsruhe nach Stuttgart fährt und am Start- und Zielort noch den öffentlichen Nahverkehr nutzt, muss oft mehrere Fahrscheine kaufen. Das soll sich mit dem Baden-Württemberg-Tarif ändern.

Stuttgart - In einem Punkt ist Baden-Württemberg wirklich Spitze. 22 Verkehrsverbünde gibt es im Südwesten, fast so viele wie in der restlichen Republik. Für viele Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs ist das kein Problem, weil sie sich nur in einem Verbund – beispielsweise dem VVS in der Stadt Stuttgart und den umliegenden Kreisen – bewegen oder weil in bestimmten Städten zum Bahnticket eine City-Mobil-Anschlusskarte für den örtlichen Nahverkehr gekauft werden kann. Für alle anderen aber ist es kompliziert, wenn die Fahrt über Verbundgrenzen führt. Oft sind mehrere Fahrkarten nötig. Das wird sich ändern: Von Dezember 2018 an soll eine erste Stufe eines verbundübergreifenden Baden-Württemberg-Tickets gelten, von 2021 soll das Ziel erreicht sein, landesweit mit nur einer Fahrkarte von jeder ÖPNV-Haltestelle zu jeder anderen mit Bussen und Bahnen fahren zu können. Motto: eine Fahrt – ein Ticket.

 

Kabinett stimmt für GmbH-Gründung

Das Kabinett hat am Dienstag der Gründung der Baden-Württemberg-Tarif-GmbH zugestimmt, die die Einführung des Tickets vorbereiten und danach den Vertrieb und die Abrechnung managen soll. „Wir wollen mit dem Baden-Württemberg-Tarif den Umstieg vom Auto auf umwelt- und klimaschonende Verkehrsmittel attraktiver machen“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Auf die Einführung einer landesweiten ÖPNV-Fahrkarte hatten sich Grüne und CDU bereits in der Koalitionsvereinbarung ausgesprochen, die Vorarbeiten reichen aber bis ins Jahr 2014 zurück. „Unser Ziel ist ein leichterer Zugang zum öffentlichen Nahverkehr“, sagt Hermann.

Wie das gehen soll, verdeutlichen die Experten des Verkehrsministeriums: Wer heute von Karlsruhe-Waldstadt zum Stuttgarter Fernsehturm wolle, brauche drei Fahrkarten: eine im Karlsruher Verkehrsverbund für die Fahrt zum Bahnhof Karlsruhe, ein Bahnticket zum Hauptbahnhof Stuttgart und dann wieder einen Fahrschein für die Fahrt mit der SSB zur Haltestelle Waldau. Das sei auch deshalb kompliziert, weil die Verbünde mit unübersichtlichen Waben- und Zonentarifen arbeiteten.

Erste Stufe Ende 2018

In einer ersten Stufe von Dezember 2018 an sollen Einzelfahrscheine für die Bahnfahrt auch für die Bus- oder Stadtbahnfahrt am Zielort gelten – wer also mit der Bahn von Karlsruhe nach Stuttgart fährt, kann das Ticket ohne Aufpreis auch für die Fahrt zum Fernsehturm nutzen. Von 2021 an soll dann am Start- und am Zielort die Nutzung von örtlichen Bahnen und Bussen eingeschlossen sein. Zudem soll das Angebot dann nicht nur für Einzelfahrscheine gelten, sondern auch für Tages- und Zeitkarten.

Allerdings hat diese Vereinfachung auch ihren Preis. Die Bahnfahrkarte nach dem Baden-Württemberg-Tarif von Karlsruhe nach Stuttgart wird mehr kosten als heute, da ja ab 2018 am Zielort und ab 2021 am Start- und am Zielort die Weiterfahrt mit örtlichen Verkehrsmitteln enthalten ist. Dabei verweisen die Experten aber darauf, dass bereits heute – etwa bei Kombitickets – auch diejenigen mehr bezahlten, die das Zusatzangebot nicht nutzten. Das sei eine „übliche solidarische Finanzierung“.

Zwar wird es das neue Nahverkehrsticket auch an Automaten und Schaltern zu kaufen geben, das Ministerium setzt aber auf das E-Ticketing über Computer und Smartphone. Dafür sollen erstmals in Deutschland Lizenzen für den Verkauf von E-Tickets an mehrere Unternehmen vergeben werden. In der BW-Tarif-Gesellschaft werden Eisenbahnverkehrsunternehmen 51 Prozent und die Aufgabenträger Land und Verband Region Stuttgart 49 Prozent der Anteile halten. Der regionale Verkehrsausschuss wird sich am Mittwoch nächster Woche damit befassen.