Die Verträge Hunderter Lehrkräfte laufen am letzten Schultag aus, in den Ferien sind sie arbeitslos. Baden-Württemberg ist bundesweit Rekordhalter bei diesem Phänomen.

Stuttgart - Obwohl Vertretungslehrer an den Schulen gebraucht werden, um in der Corona-Krise personelle Lücken zu schließen, müssen sie auch in diesem Jahr damit rechnen, zu Beginn der Sommerferien arbeitslos zu werden. Das stößt bei Opposition und Lehrergewerkschaften auf scharfe Kritik. Weil ein Teil der Lehrkräfte zur Risikogruppe zählt, werden in der Corona-Krise mehr Vertretungslehrer an den Schulen gebraucht, um Lücken zu schließen. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte zudem an, dass Schüler in den letzten beiden Wochen der Sommerferien dieses Jahres Nachhilfe angeboten bekommen sollen. Das soll einen Teil der Unterrichtsausfälle der vergangenen Monate ausgleichen.

 

Der Philologenverband findet das System „skandalös“

Wegen der Nachhilfeangebote am Ende der Ferien sieht Ralf Scholl vom Philologenverband zwar die Möglichkeit für Vertretungslehrer, dieses Mal in den Ferien zumindest für zwei Wochen eine Anstellung zu erhalten, mit der sie sich 40 Euro pro Stunde dazuverdienen können. Aber das tiefere Problem bleibe ungelöst: „Wie mit Vertretungslehrern umgegangen wird, ist skandalös. Sie werden wie Tagelöhner eingesetzt.“

Jetzt sei der Zeitpunkt, den sozialpolitischen Missstand der Sommer-Arbeitslosigkeit von Lehrkräften endlich abzustellen, sagt der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei. Andere Länder hätten das längst getan. Das Personal an den Schulen sei „ausgebrannt“. Gewerkschaften wie VBE, GEW und der Philologenverband fordern eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Baden-Württemberg trägt die Rote Laterne

Das Kultusministerium teilt mit, dass es 3800 Lehrer mit befristeten Verträgen gibt. Man brauche sie um „flexibel auf Engpässe“ reagieren zu können. Außerdem gelte seit 2019 die Regel, dass bei Elterzeitvertretungen der Vertrag auch in den Ferien gelte. Philologe Scholl sagt, dass dies von den Regierungspräsidien aber selten umgesetzt werde.

Bei der Sommer-Arbeitslosigkeit von Lehrkräften steht Baden-Württemberg im Bundesvergleich am schlechtesten da. Die Bundesarbeitsagentur gibt für 2019 an, dass im Südwesten 1790 Lehrer in den Ferien als arbeitslos gemeldet waren, es folgen Bayern (750) sowie Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (je 450). Bei der GEW heißt es zudem, viele betroffene Lehrer beantragten kein Arbeitslosengeld, sie tauchten in der Statistik gar nicht auf.