Die Alternative für Deutschland sitzt seit fast zwei Jahren im baden-württembergischen Landtag und ist größte Oppositionsfraktion. Ein Experte zieht eine Zwischenbilanz über den Einfluss der AfD.

Stuttgart - Die Landtagswahl ist am 13. März genau zwei Jahre her. Seitdem sitzt die Alternative für Deutschland (AfD) im Parlament und ist dort die größte Oppositionsfraktion. Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider beobachtet, dass der Ton im Landtag rauer geworden ist. Für ihre politische Arbeit stellt er der AfD im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart ein mäßiges Zeugnis aus.

 
Wie hat sich die Atmosphäre im Landtag verändert seit dem Einzug der AfD?
Atmosphärisch ist klar: Das Auftreten der AfD eint die anderen Fraktionen. Den Fraktionen ist deutlicher geworden, was sie im Hinblick auf Demokratie miteinander verbindet - bei allen Unterschieden, die es in Sachfragen weiterhin gibt. Andererseits ist der Ton durch die AfD tatsächlich rauer geworden - das betrifft aber vor allem das Auftreten der AfD-Abgeordneten. Von ihnen kommen auch sehr viele Zwischenrufe - knapp ein Viertel aller Zwischenrufe stammen von AfD-Abgeordneten. Dabei unterbrechen sie sehr häufig vor allem Rednerinnen und Redner der Grünen. Und umgekehrt richten sich viele Zwischenrufe der Grünen an AfD-Abgeordnete.
Wie würden sie die Kommunikationsstrategie der AfD im Landtag beschreiben?
Es ist die gleiche Strategie, die die AfD überall anwendet. Sie versucht, sich als Vertreter des „Volkswillens“ darzustellen, der angeblich von den anderen Parteien missachtet wird. Motto: „Wir und das Volk“ gegen das „Establishment“. Einige ihrer Abgeordneten greifen auch zu deftiger Wortwahl - um zu provozieren und so Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Welche Folgen hat das Verhalten der AfD im Landtag für den gesellschaftlichen Diskurs, für die anderen Fraktionen, für die Arbeit des Landtags?
Bislang war die AfD-Fraktion nicht sonderlich erfolgreich darin, die gesellschaftliche Debatte zu prägen. Der Grund: Sie hat sich in den ersten zwei Jahren überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Der Streit innerhalb der Fraktion, die Spaltung und dann wieder die Zusammenführung - das alles transportiert die Botschaft: Die AfD beschäftigt sich mit sich selbst, statt sich um die Themen der Menschen zu kümmern. In der Arbeit des Landtags hat sie bislang jedenfalls relativ wenige Spuren hinterlassen. Und auch die anderen Fraktionen reagieren relativ gelassen.
Was würden Sie den anderen Fraktionen raten, wie sie auf die AfD reagieren sollen?
Die anderen Fraktionen machen es genau richtig, nicht über jedes Stöckchen zu springen. Sie gehen ziemlich souverän mit den Provokationen der AfD-Abgeordneten um - das betrifft sowohl die Regierungsfraktionen, als auch die Oppositionsfraktionen. Auf sachliche Auseinandersetzungen mit der AfD gehen die Fraktionen ein, aber sie machen nicht jeden Klamauk mit.

Zur Person: Frank Brettschneider hat seit April 2006 den Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim inne. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehört die politische Kommunikation und hier insbesondere die Wahlforschung.