Die Ampelkoalition hat ihre umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen. Was sagen Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg dazu?

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

Der Bundestag hat nach jahrelangem Streit eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Ein Entwurf von SPD, Grünen und FDP erreichte am Freitag die erforderliche einfache Mehrheit.

 

Union und Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt. Sie kündigten jeweils an, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Riexinger: „Angriff auf uns“

Der Linke-Abgeordnete Bernd Riexinger äußerte gegenüber unserer Zeitung scharfe Kritik an der Reform: „Die vorgelegte Wahlrechtsreform ist ein Anschlag auf die Demokratie“, sagte der frühere Linke-Chef. „Es ist ein Angriff auf Parteien, die regional eine Stärke haben – also auf die CSU, die wegen der Reform möglicherweise aus dem Parlament rausfliegen könnte, und auf uns“, sagte Riexinger weiter. „Ich glaube, dass sich dieses Gesetz stark gegen uns als Partei richtet“, fuhr der aus Baden-Württemberg stammende Parlamentarier fort, „dabei wurde aber nicht bedacht, dass man damit der AfD die Vertretung des Ostens überlässt.“

Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erklärte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Sonntag gewählt, am Montag abgesägt! So hat sich die Ampel ein Wahlrecht gezimmert, das ausschließlich ihren Interessen dient und die Union erheblich im politischen Wettbewerb benachteiligt.“ Die CDU sei gerade in Baden-Württemberg tief in den Wahlkreisen verwurzelt und erfreue sich bei den Direktmandaten jeweils eines hohen Zuspruchs durch die Wählerinnen und Wähler, sagte der CDU-Politiker, der im Wahlkreis Heilbronn per Direktmandat gewählt wurde. „Das Ziel der Ampel ist, diese Stärke der Union zu brechen und damit ihre eigene Macht zu zementieren. Das ist unfair und unredlich.“

Fechner (SPD): „Union postengeil“

CDU-Chef Friedrich Merz machte nach der Abstimmung deutlich, dass er ein Normenkontrollverfahren anstrebt. Über das dafür erforderliche Viertel der Stimmen im Bundestag verfüge seine Unionsfraktion.

Der aus Freiburg stammende Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, verteidigte gegenüber unserer Zeitung das neue Wahlrecht, an dessen Ausarbeitung er als Vorsitzender der Reform-Kommission beteiligt war: „Jahrzehntelang hat die Union aus purer Postengeilheit die dringend notwendige Verkleinerung des Bundestags blockiert. Die Verkleinerung ist überfällig, damit der Bundestag effektiver arbeiten kann, nicht noch weiter anwächst und erhebliche Kosten gespart werden.“

Der Obmann der Grünen im Innenausschuss, Marcel Emmerich, sagte unserer Zeitung, „mit der dringend nötigen Reform“ würden alle Fraktionen in die Pflicht genommen, auch seine eigene.

Plenum soll auf 630 Mandate schrumpfen

Mit der Reform soll der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag ab der nächsten Wahl 2025 dauerhaft auf 630 Mandate schrumpfen. Erreicht werden soll das, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet wird. Diese sorgten bisher für eine Aufblähung des Bundestages. Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber zwar seinen Wahlkreis direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht.