Clemens Kuhn und sein DLRG-Kumpel Josef Windeisen schwimmen im Sommer oft im Ebnisee bei Welzheim – und das schon seit rund 60 Jahren. Die zwei Senioren lieben das Wasser und warnen vor den Tücken offener Gewässer.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Welzheim/Stuttgart - Der Ebnisee zieht die beiden Männer fast magisch an. Wegen des blitzsauberen Quellwassers, sagen sie. Und wegen der idyllischen Lage mitten im Schwäbischen Wald. Schon seit rund 60 Jahren kommen die zwei Herren zum Ebnisee, nicht nur zum Schwimmen.

 

Im Sommer, erzählt Josef Windeisen an diesem strahlend schönen Frühlingsvormittag, radle er fast jeden Tag von Welzheim zu dem ehemaligen Flößersee auf Kaisersbacher Markung. Meistens schwimmt der rüstige Pensionär dann eine große Runde, „immer am Ufer entlang, mal Rücken, mal Brust – das dauert knapp eine Stunde“. Herr Windeisen ist jetzt 81 Jahre alt und fit wie der sprichwörtliche Turnschuh. Oft begleitet ihn sein Freund Clemens Kuhn (82). Auch diesmal sind die beiden Herren zusammen zum See geradelt.

Noch indes ist den zwei Freunden, die sich in den Fünfzigerjahren als junge Kerle bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) in Welzheim kennengelernt haben, das Wasser an diesem Tag Ende Mai ein bisschen zu kalt. 22 Grad Celsius sollte der See haben, sagt Windeisen.

Demonstrationswettbewerb im kalten Wasser

Das war nicht immer so. Clemens Kuhn erinnert sich noch mit einem Frösteln an einen Demonstrationswettbewerb anno dazumal, der Landrat war auch gekommen. Anfang Mai müsse das wohl gewesen sein, sagt er, grinst und schüttelt das ergraute Haupt. Zwölf Grad habe das Wasser gehabt, wenn überhaupt. Die damals jungen Männer ließen sich aber nicht abschrecken. Sie demonstrierten den Zuschauern ihr Können – „und dann habe ich noch eine Woche lang gefroren“, erzählt Kuhn.

Früher haben die beiden Welzheimer Jahr für Jahr von Mai bis September an den Wochenenden Wache geschoben am Ufer des Ebnisees, mindestens einmal im Monat. Windeisen berichtet, dass er erst vor geschätzt 15 Jahren aufgehört habe, sich als DLRG-Wachposten ehrenamtlich zu engagieren. Und Kuhn erklärt augenzwinkernd: „Das gibt doch kein so gutes Bild mehr ab – zwei so alte Knacker am Ufer.“ Diese beiden „Knacker“ beaufsichtigen aber nach wie vor das Seniorenschwimmen der Stadt im Lehrschwimmbecken einer Schule in Welzheim, das jeden zweiten Samstag angeboten wird.

Im Auftrag der DLRG Kindern das Schwimmen beigebracht

Aus all den Jahren als Wasserwächter am Ebnisee sind den beiden Freunden zwei Erlebnisse ganz besonders in Erinnerung geblieben: keine schönen, sondern bedrückende Begebenheiten. Clemens Kuhn hat einmal einen Mann aus dem Wasser gezogen, der sich nach einem Kopfsprung in den See schwer verletzt hatte. Er habe dem Mann aus Stuttgart das Leben gerettet, dieser habe sich aber beim Aufprall auf den Seegrund das Rückgrat gebrochen und sei fortan gelähmt gewesen. Josef Windeisen hat Ende der Sechzigerjahre ein totes Kind aus den See geholt. Die Eltern hatten ihren achtjährigen Sohn bei den Männern der DLRG vermisst gemeldet. Als die Suche am Ufer keinen Erfolg brachte, hätten er und vier Kameraden den See abgetaucht – und ganz in der Nähe des Wachpostens den leblosen Kinderkörper gefunden. Damals habe er sich gefragt: „Wie kann das sein? Wir passen auf und ein paar Meter entfernt ertrinkt ein Kind.“ Ein Kind, das nicht schwimmen konnte. An diesem Tag habe er beschlossen, Buben und Mädchen das Schwimmen beizubringen, „und das habe ich dann fast 40 Jahre lang gemacht“.

Nur ganz selten fahren Clemens Kuhn und Josef Windeisen zu einem der vielen anderen Badeseen in der Region, deren Wasserqualität fast durchgehend ausgezeichnet ist. Vielleicht mal an den Aichstrusee bei Welzheim. Aber der Ebnisee sei einmalig. Spöttern, die behaupten, das Wasser dort sei dreckig, empfiehlt Josef Windeisen einfach mal abzutauchen. Klar, wer von oben auf den See blicke, der komme schnell auf den Gedanken, das Wasser sei trüb. „Wenn man aber von unten nach oben schaut, dann sieht man jedes Fischchen.“

Schwimmer haben die Qual der Wahl

ie anno dazumal weltberühmte Schwimmerin Gertrude Ederle hat einst im Bissinger See (Kreis Esslingen) das Kraulen gelernt. 1924 gewann die Tochter deutscher Auswanderer für die Vereinigten Staaten bei den Olympischen Spielen in Paris eine Goldmedaille. Zwei Jahre später durchschwamm sie als erste Frau den Ärmelkanal zwischen Cap Gris-Nez in Nordfrankreich und Dover in Großbritannien. Lange her. Die kleine Trude war einst, so erzählt man sich, zu Gast bei Verwandten in Bissingen an der Teck gewesen. Sie hatte den Bissinger See also quasi vor der Nase – und ergriff die Gelegenheit.

Wer heute in der Region Stuttgart im Freiwasser baden oder schwimmen will, der hat die Qual der Wahl. Allein im Rems-Murr-Kreis gibt es sechs Seen, die auf der jetzt vom Sozialministerium veröffentlichten Gewässerkarte empfohlen werden. Fast in allen Seen ist die Wasserqualität ausgezeichnet (siehe Karte oben). Der Aichstrutsee bei Welzheim wird an allen Wochenenden bis Mitte September von der DLRG bewacht, es gibt einen Kiosk, einen einfachen Zeltplatz sowie ein Gasthaus. Im Aichstrutsee wird am 1. Juli eine der größten Sportveranstaltungen weit und breit gestartet: der 33. Welzheimer Triathlon.

Der Waldsee am Ortsrand von Murrhardt-Fornsbach ist bestens erschlossen, auch Rollstuhlfahrer kommen problemlos ins Wasser. Es gibt einen Minigolfplatz, ein Restaurant und einen Campingplatz. Am Ebnisee bei Kaisersbach kann man Boote ausleihen und in ein Restaurant einkehren. Der Parkplatz am Ufer ist ein beliebter Treffpunkt von Motorradfahrern.

Der Eisenbachsee liegt etwas ab vom Schuss bei Alfdorf. Er ist bei gutem Wetter nicht ganz so überlaufen wie die meisten anderen Seen im Schwäbischen Wald und im Remstal. Beim Plüderhauser See gibt es einen Kiosk sowie einen abgetrennten Bereich mit seichtem Wasser für Eltern mit Kleinkindern. Der Ziegeleisee gehört zum Oskar-Frech-Bad in Schorndorf, Besucher müssen Eintritt bezahlen – außer freitags von 18 Uhr an bei Kultur am See.

Im Kreis Esslingen weist die Gewässerkarte außer dem Bissinger See den See Aileswasen bei Neckartailfingen und den Unteren See der Bürgerseen bei Kirchheim unter Teck aus. Im Kreis Ludwigsburg werden nur der Obere und der Untere Seewaldsee zwischen den Vaihinger Teilorten Horrheim und Gündelbach in der Badegewässerkarte aufgeführt. Insider behaupten, der Obere See sei für Nacktbader reserviert und der Untere See nichts für Zartbesaitete – wegen der Gräser, Schlingpflanzen, des Schilfs und des morastigen Wassers. Der Obere See liegt wildromantisch, ein schmaler Pfad führt am Ufer entlang, teilweise mitten durch den Wald. Auf der Wasseroberfläche wachsen Seerosen. Am Ufer des Unteren Sees gibt es Grillstellen, ein paar Tische und Bänke. Man hat einen tollen Blick in Richtung der Weinberge

Von den 315 in der vergangenen Saison kontrollierten Badestellen in Baden-Württemberg seien 95 Prozent zum Baden sehr gut beziehungsweise gut geeignet, so das Ministerium. Die kleine Trude, die Tochter der späteren Auswanderer, hätte ihre wahre Freude gehabt bei so einer Auswahl.

Aktuelle Wasserwerte

Untersuchungen
Das Wasser der Badeseen in Baden-Württemberg wird auf Kolibakterien und auf sogenannte Enterokokken untersucht. Diese Stoffe sind Indikatoren für fäkale Verunreinigungen. Andere Schadstoffe sind in den Seen eher nicht zu erwarten.

Ergebnisse
Seit dem 1. Juni entnehmen die Gesundheitsämter mindestens einmal im Monat aus den Badegewässern Wasserproben. Die Ergebnisse werden auf Tafeln am Ufer der Badestellen veröffentlicht. Die Messwerte für die Grafik stammen aus dem Jahr 2016.

DLRG
Nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im vergangenen Jahr in Deutschland mindestens 537 Menschen ertrunken. Gegenüber dem Jahr 2015 sei die Zahl der Opfer um 49 gestiegen. Bereits im Jahr zuvor war ein Anstieg der Toten durch Ertrinken um 96, sprich 24,5 Prozent, festzustellen gewesen. Es sei der höchste Stand seit zehn Jahren erreicht. Für eine moderne, hoch entwickelte Gesellschaft sei diese Bilanz nicht akzeptabel, so die DLRG. Die Opferzahlen müssten sinken. Bund, Länder, Gemeinden und alle für die Sicherheit Verantwortlichen müssten noch viele Hausaufgaben erledigen.