Ein Raubüberfall auf eine Bäckerei ist mehr als außergewöhnlich abgelaufen. Trotzdem gelang es dem Täter, einem 38-jährigen Drogensüchtigen, mit rund 1300 Euro zu entkommen. Nun steht er vor Gericht: Während eines Überfalls auf eine Metzgerei wurde er auf frischer Tat ertappt.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Kirchberg - Verhalten Sie sich unauffällig, ich trage eine Waffel!“, liest der Bankangestellte in Woody Allens Komödie „Der Unglücksrabe“ von Virgil Starkwells Zettel vor, als dieser die Bank überfällt. Es kommt zum Disput, ob da Waffel oder Waffe! steht – „He, Joe, komm mal her. Ist das ein L oder ein Ausrufezeichen?“ – bis im Film die Polizei eintrifft und den glücklosen Räuber auf frischer Tat schnappt.

 

„Ist das ein Scherz?“, fragt eine junge Verkäuferin in einer Bäckerei in Kirchberg an der Murr, als am 24. März, einem Samstag, kurz vor Ladenschluss ein vermummter Mann mit einer Pistole in der Hand auftaucht und ruft: „Kasse leeren!“ Nein, der Mann, der seit Dienstag vor der 17. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts wegen Raubes angeklagt ist, meint es ernst.

Ein Raubüberfall mit Hindernissen

Doch die junge Frau weiß nicht, wie die Kasse aufgeht. „Ich bin Auszubildende“, sagt sie zu dem Räuber und ruft eine Kollegin, die ihr beim Öffnen helfen soll. Kaum ist diese im Laden, geht die Tür auf und eine Kundin kommt herein. Der Räuber versteckt die Pistole hinter seinem Rücken und wartet, bis die Frau wieder draußen ist. Dann geht es weiter mit dem Raub. 1282 Euro erbeutet der Mann, der anschließend zu Fuß flüchtet.

„Was haben Sie sich denn an Beute in einer Bäckerei erhofft“, will die Vorsitzende Richterin Jasmin Neher-Klein von dem 38-jährigen Angeklagten wissen, der seine Taten ohne zu zögern gesteht. Am 10. April hat der Drogensüchtige noch eine Metzgerei in Kirchberg an der Murr überfallen. Dabei wurde er jedoch von Passanten überwältigt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. „Ich weiß es nicht“, antwortet er. Mit dem erbeuteten Geld habe er zuerst Schulden beglichen, dann Amphetamine auf Vorrat gekauft. Eine Pille kostete 15 Euro. Für ihn als Arbeitslosen war bei solchen Preisen das Geld schnell weg.

„Haben Sie sich vorher mal überlegt, was für Strafen auf solche Taten stehen“, will die Richterin von dem fatalistisch wirkenden Angeklagten wissen. „Nicht lang genug“, antwortet er, dem nun mehrere Jahre Gefängnis blühen. „Warum machst du das“, habe auch die Auszubildende ihm hinterhergerufen, als er aus der Bäckerei lief. „Das kann man doch anders lösen.“

Seit seiner Jugend sei er drogensüchtig, berichtet der 38-Jährige dem Gericht. Mit neun Jahren sei er in ein Heim gekommen, da seine alleinerziehende Mutter mit ihm überfordert gewesen sei. Schon früh habe er Marihuana geraucht und Amphetamine genommen, zwischendurch auch Heroin. Immer wieder wurde er wegen Diebstahls oder Betrugs bestraft, alles Taten, um damit Drogen zu beschaffen. Mehrmals war er bereits in Therapie, mal erfolgreich, mal nicht. Dazwischen kamen immer längere Zeitabschnitte, in denen er nichts nahm und einer geregelten Arbeit nachging, unter anderem als Dachdecker. „Das ist aber ein gefährlicher Beruf, wenn man Drogen nimmt. Da kann man leicht vom Dach rahagle“, meint die Richterin. Der 38-Jährige zuckt darauf nur mit den Schultern.

Taten eines verzweifelten

Zuletzt hatte er als Koch gearbeitet. Das habe er zwar nicht als Beruf gelernet, aber durch längere Arbeit in der Gastronomie, sozusagen Learning by Doing. Im Frühjahr 2017 sei er arbeitslos geworden. Seiner damaligen Freundin, die im Januar dieses Jahres ein Kind von ihm bekam, hatte er versprochen, keine Drogen mehr zu nehmen. Das habe er aber nicht durchgehalten. Seine Freundin habe deshalb mit ihm Schluss gemacht. Das sei mit ein Grund für seine Taten gewesen. Zuletzt habe er bei ihr nur noch im Hobbykeller wohnen dürfen.