Französische Bäckereien machen wegen explodierender Preise reihenweise dicht. Die Regierung in Paris eilt den Betrieben zu Hilfe.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Die Bäckerei im Pariser Vorort Saint-Cloud hieß La Magie du pain – der Zauber des Brotes. Jetzt steht sie leer, der Zauber ist verfolgen. „Liebe Kundinnen und Kunden, wir teilen Ihnen mit großer Traurigkeit mit, dass die Bäckerei endgültig schließt“, informierten die Inhaber auf einer Notiz. „Der Grund ist die Verteuerung der Rohstoff- und Energiepreise. Danke für die Treue und Sympathie, die Sie uns seit Beginn unseres Abenteuers geschenkt haben.“

 

Solche Zettel findet man im ganzen Land. Im zentralfranzösischen Saint-Victor ließ der Bäcker am Silvesterabend zum letzten Mal die Rollläden herunter. In Landaul im Süden der Bretagne machte die einzige Boulangerie an Weihnachten dicht. Der Bäcker Christophe Besomi informierte die 2500 Einwohner, die ihre Baguettes nun in einer fünf Kilometer entfernten Bäckerei holen müssen, mit einem Kartonschild im Schaufenster: „Eine Bäckerei schließt – ein Dorf stirbt.“ Ob in verarmten Banlieue-Vierteln der Vorstädte oder auf dem Land: Die 33 000 Boulangerien im Land sind oft ein wichtiger Treffpunkt. Es riecht dort gut, es ist warm, es wird viel geplaudert und gelacht.

Doch die Inflation macht den Betrieben zu schaffen. Die Mehlpreise waren schon in der Covid-Krise 2021 hochgeklettert, ohne dass die kleinen Bäckereien die Preise erhöhen konnten – schon wegen der Konkurrenz durch Backfabriken: Die verkaufen die Baguettes für 50 Cent das Stück, während die richtigen Bäcker alles versuchen, den Preis bei 95 Cent zu belassen – und nicht auf die Schmerzschwelle von einem Euro anzuheben. Die Strompreise geben der Traditionsbranche jetzt den Rest. Der Bäcker Julien Pedussel aus dem nordfranzösischen Rieux rechnete in den Medien vor, dass seine Stromrechnung normalerweise im Monat bei 1800 Euro liegt. Im Dezember waren es 12 882 Euro. Das wird bald die Hälfte des Bäckereiumsatzes von monatlich 28 000 Euro ausmachen. Nun, da auch die Preise für Butter, Eier und Zucker explodieren, verzweifelt die Bäckerin Nadège Amaté in Lons-le-Saulnier (Jura): „70 Arbeitsstunden pro Woche, das seit acht Jahren – und jetzt haben wir nichts als Schulden. Es ist eine Katastrophe.“

Noch ist nicht offiziell erhoben worden, wie viele Bäckereien bereits aufgegeben haben. In einer Umfrage haben 80 Prozent der Bäcker erklärt, ihnen drohe der Konkurs. Die Regierung in Paris ist sich der dramatischen Lage bewusst. Sie hatte im Dezember schon zum Jahreswechsel Hilfe zugesagt. Bis zur Hälfte der Stromrechnung der Bäckereien wird von der öffentlichen Hand übernommen – mit ein Zeichen, dass die wirtschaftliche, aber auch soziale Bedeutung der Boulangerien für die Nation erkannt ist.

Selbst diese Milliardenhilfe wird aber nicht genügen, um die Bäckerinnen und Bäcker zu retten. Und die Staatskasse ist leer. Wirtschaftsminister Bruno Lemaire forderte die Energiekonzerne deshalb am Dienstag verärgert auf, die Stromrechnungen für die Bäcker massiv zu senken. Premierministerin Elisabeth Borne kündigte am selben Tag an, die Brotmacher könnten die Bezahlung der Steuern und Sozialabgaben vorerst aufschieben. Ganz erlassen werden ihnen die Kosten jedoch nicht. Schließlich hoffen alle, dass es bald wieder aufwärts geht.