Viele Bäckereibetriebe finden nicht mehr genügend Verkäufer. Deshalb müssen Geschäfte sogar geschlossen bleiben – wie in Stuttgart-Vaihingen. Die Verbraucher sind verärgert.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Rohr - Das Schild ist immer noch da. Das Schild am Schaufenster der Bäckerei Bausch, auf dem steht, dass die Filiale an der Straße Am Wildwechsel vorerst geschlossen bleibt. Es hängt seit dem Sommer. Ursprünglich sollte das Geschäft Ende September wieder öffnen. Doch geschehen ist bisher nichts.

 

Die Menschen auf der Rohrer Höhe seien verärgert, berichtet Günter Kalmbach. Der 75-Jährige ist beim Gehen auf zwei Krücken angewiesen. Er hätte gern wieder einen Bäcker in seiner Nähe. Und so wie ihm gehe es vielen, sagt der 75-Jährige. Schließlich gebe es in dem Quartier mit dem Haus Rohrer Höhe und dem Hans-Rehn-Stift mehrere Pflegezentren. „Wir sind abhängig von dieser Filiale“, sagt Günter Kalmbach. Der Rentner vermutet, dass die Filiale für immer geschlossen bleibt. Er fordert die Inhaber dazu auf, ehrlich zu den Kunden zu sein. „Dann wüssten wir wenigstens, woran wir sind“, sagt Kalmbach. Die Frage, welche Filiale wann geöffnet und wann geschlossen bleibe, sei Sache des Unternehmens. „Geschäftsmänner müssen sich nach dem Umsatz richten. Das ist mir schon klar“, sagt Kalmbach. Aber Geschäftsmänner müssten eben auch Farbe bekennen.

Der Seniorchef hält an dem derzeit geschlossenem Geschäft fest

Das findet auch Klaus Bausch, der Seniorchef des gleichnamigen Bäckereibetriebs. Er hat neben der Filiale auf der Rohrer Höhe noch eine an der Schönbuchstraße und eine an der Osterbronnstraße. Und er hat ein Problem: „Ich habe zu wenig Personal“, sagt Bausch. Derzeit seien bei ihm etwa zehn Verkäufer angestellt. Das seien mindestens fünf zu wenig, sagt Bausch und ergänzt: „Meine Frau arbeitet für zwei. Sie schafft 14 Stunden am Tag.“ Vergangene Woche habe er eine junge Dame zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Doch sie sei gar nicht gekommen. „Das ist schon traurig“, sagt Bausch. Weil er insgesamt zu wenig Personal habe, müsse eine Filiale geschlossen bleiben. Das sei dann natürlich die, mit dem geringsten Umsatz, also die auf der Rohrer Höhe.

Doch noch hält der Seniorchef an dem Geschäft fest. Die Räume gehören der Familie Bausch, der Leerstand verursacht also kaum zusätzlich Kosten. „Und sobald wir genügend Verkäufer haben, öffnen wir die Filiale auch wieder“, verspricht Bausch.

Personalprobleme seien in der Branche ein generelles Problem, sagt Frank Sautter. Für Handwerksbetriebe seien die generell gute Wirtschaftslage und die annähernde Vollbeschäftigung von Nachteil, ergänzt der stellvertretende Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das Württembergische Bäckerhandwerk. Denn im Vergleich zu einem Bürojob seien die Arbeitszeiten in einer Bäckerei deutlich unattraktiver. Denn diese öffne früh am Morgen, schließe spät am Abend und habe häufig an sieben Tagen in der Woche geöffnet. Da würden es sich viele zweimal überlegen, ob sie bei einem Bäcker arbeiten. „Generell ist die Situation bei kleinen Betrieben angespannter als bei großen. Denn die kleinen Firmen haben keinen großen Pool an Mitarbeitern, mit dem sie jonglieren können“, sagt Sautter.