Die Helbigs führen seit acht Jahren eine Bäckerei in Sielmingen. Wie klappt das Geschäft ohne Filialen? Warum kommt ein neues Brot heraus?

Das Fotostudio ist noch aufgebaut. Auf einer rustikalen Küchenanrichte ist vor schwarzem Hintergrund ein Sträußchen getrockneter Getreideähren neben einem Laib Brot drapiert. Daneben liegt Uromas alte Presse, durch die Michael Helbig kurz zuvor gekochte Kartoffeln gedrückt hat. Mit diesem Arrangement soll „Helbigs Meisterstück“ beworben werden, ein nagelneues Bauernbrot nach Holzofenart, das die Sielminger Bäckerei Helbig Mitte September herausbringen wird. Vom 15. September an soll der Zwei-Kilo-Laib immer montags, freitags und samstags erhältlich sein.

 

Für Michael Helbig ist das Brot mehr als nur ein neues Produkt. „Es ist meine Antwort auf die Discounter“, sagt er. Nach seinen Informationen gingen in Deutschland immer mehr Menschen zum Billiganbieter, um dort ihre Backwaren zu kaufen, „weil der Geldbeutel nicht mehr so locker sitzt“. Diesem Trend wolle er begegnen. Michael Helbig (58) ist Bäckermeister, Konditor und Betriebswirt. Vor acht Jahren haben er und seine Ehefrau Petra (57) als Verkaufsleiterin die kleine Bäckerei an der Sielminger Hauptstraße übernommen.

Den Betrieb an sich gibt es schon seit dem Jahr 1896. In der Backstube stehen etliche Maschinen von anno dazumal, auch der Verkaufsladen mit den handgeschriebenen Angebotsschildern und dem Tischchen im Fenster versprüht fast schon nostalgischen Charme. Eine weitere Filiale gibt es nicht. Trotzdem stellt die Bäckerei täglich 80 bis 100 Brote und 1500 Kleingebäck-Teile her. Vieles davon wird auch an Schulen, an Hotels oder an Altenheime ausgeliefert.

Die Zahl der Bäckereien sinkt

Bundesweit sinkt die Zahl der Bäckerei-Betriebe. Laut dem Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks fiel sie im Jahr 2024 auf 8912, sieben Jahre zuvor waren es noch 11 347 gewesen. Bei sinkender Zahl der Betriebe und nahezu unveränderter Zahl der Verkaufsstellen erhöhte sich die Zahl der Filialen pro Betrieb. Konsequenterweise stieg dadurch die Firmengröße. Der Jahresumsatz je Betrieb kletterte im genannten Zeitraum von 1,28 auf 2,01 Millionen Euro.

Kleine Bäckereien werden weniger. Michael Helbig betont zwar, betriebswirtschaftlich „hervorragend“ dazustehen. Gleichzeitig sagt er, dass sich Mini-Betriebe wie seiner im umkämpften Markt über die Qualität, das Marketing und die Preise behaupten müssten. Und hier kommt eben „Helbigs Meisterstück“ ins Spiel: Entworfen hat er das Brot in Zusammenarbeit mit der Bundesfachschule für Bäcker und einem Ernährungsphysiologen.

Dem Teig aus Weizen- und Roggenmehl werden frisch gepresste Kartoffeln zugesetzt. Dann wird das Brot nach der Slow-Baking-Methode hergestellt. 27 Stunden lang darf der Teig vom Hinzufügen des ersten Schlucks Wasser bis zum Backen ruhen. Michael Helbig betont: „In dem Brot machen die Enzyme die Arbeit, die sonst der Magen machen muss.“ So sei das Brot bekömmlicher und komme mit sehr wenig Hefe aus. Um eine aromatische Kruste zu bekommen, werde der Laib dann etwa zweieinhalb Stunden gebacken.

Das Brot ist eine von vielen Neukreationen, die es regelmäßig in der Sielminger Bäckerei gibt. Das Team steht kurz vor der Zwiebel- und Krautkuchensaison, auch Maultaschen gibt es bald wieder. „Das ist unsere Stärke, die wir ausspielen müssen. Wir gehen noch auf Kundenwünsche ein“, sagt Michael Helbig. Ihm ist wichtig, das Handwerk in den Vordergrund zu stellen und zu informieren.

Ein bisschen klingt es auch wie eine Kampfansage an die Großen in der Branche, wenn er sagt: „Ich will, dass die Leute wissen, was sie sich antun, wenn sie industriell hergestelltes Brot essen.“