In England kannte ihn lange Zeit jedes Kind – und noch immer ist Paddington der Bär dort ein Star im Kinderzimmer. Das könnte nun auch bei uns so werden, denn Paddingtons Kinoauftritt bietet viel für Groß und Klein.

Stuttgart - Da sitzt er nun und weiß nicht weiter: Paddington, der muntere kleine Bär aus Peru, der als blinder Passagier nach London gereist ist. Einst hat ein britischer Forscher Paddingtons überaus kluge Bärenart als erster und bislang einziger Mensch entdeckt, hat den freundlichen Petzen die englische Sprache beigebracht und eine vorbehaltlose Einladung ausgesprochen: wann immer ein Bär nach England komme, finde er dort eine offene Tür.

 

Aber wie das so ist mit Einladungen: niemand rechnet damit, dass sie angenommen werden. Der Titelheld von „Paddington“ findet keine offene Tür, sondern rempelnde, gleichgültige Menschenmassen. Zuerst wird er geknufft und gestoßen, dann sitzt er ratlos auf seinem Koffer in der nächtlichen Bahnhofshalle. Gut, dass er Familie Brown trifft und die sich gegen die Bedenken des Vaters (Hugh Bonneville aus „Downton Abbey“) durchsetzen kann. Ganz unbegründet sind Vaters Sorgen aber nicht. Paddington wird einiges anstellen, viel Sachschaden anrichten und noch mehr Aufregung bereiten, als eine fiese Dame (Nicole Kidman) ihm nachstellt, um ihn auszustopfen.

Bekannter als die Windsors

Ganz unbekannt ist Paddington, der nun mit Hilfe der Computertricks in einem Realfilm auftreten darf, auch hierzulande nicht. Aber sein deutscher Ruhm ist nicht zu vergleichen mit dem in Großbritannien. Dort war Paddington lange Zeit so bekannt wie David Beckham und sämtliche Windsors zusammen. Ganz zu schweigen davon, dass ihn jeder Vernünftige stets sympathischer fand.

Erfunden hat ihn der Autor Michael Bond. Dem ersten Paddington-Kinderbuch von 1958 folgten mehr als zwanzig weitere sowie drei animierte Fernsehserien. Dass man nun bei Paddingtons Kinoauftritt als Erwachsener manchmal an die aktuelle Flüchtlingsdramen, an Debatten um Willkommenskultur, Integrationstempo und Werteverschiebungen denken muss, ist keine Problematisierungssucht.

Kümmern Sie sich um den Bären!

Als Bond das erste Paddington-Buch schrieb und dem weit von zu Hause gestrandeten Bären ein Schild um den Hals hängte, auf dem stand: „Bitte kümmern Sie sich um diesen Bären“, dachte er an die Kinder, die während des Zweiten Weltkriegs aus den zu Bomberzielen gewordenen großen Städten aufs Land evakuiert worden waren. Der Bezug zu Menschen in Not gehört von Anfang an zum knuffigen Paddington.

Paul Kings Film ist beste Familienunterhaltung, nicht zu flott oder gruselig für die Kleinen, nicht zu lahm oder naiv für die Großen. Die Thrilleranteile hätte es nicht einmal gebraucht: wie der von Elyas M’Barek synchronisierte Paddington mit dem Alltag – einem Ketchupspender und der Klospülung etwa – kämpft, ist schon vergnüglich genug. Wenn sie irgendwo einen ratlosen Bären sitzen sehen, werden Kinder künftig helfen.

Paddington. Großbritannien, Frankreich, USA 2014. Regie: Paul King. Mit Hugh Bonneville, Sally Hawkins, Nicole Kidman, Jim Broadbent. 95 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.