ie Kreditinstitute müssen sich spezialisieren – und mehr Gewinn machen, meint Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin. Er rechnet damit, dass es in der Branche zu weiteren Fusionen kommen wird. Die Bausparkassen bereiten ihm große Sorgen.

Stuttgart - Die Banken sind ins Gerede gekommen – auch in Deutschland. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht ihnen zu schaffen, sie stöhnen über Regulierungsauflagen und wissen vielfach nicht, welche Strategie sie künftig einschlagen sollen. Das beobachtet die Finanzaufsicht mit Sorge. Bafin-Präsident Felix Hufeld erläutert im Gespräch, wo er die größten Baustellen sieht: nicht bei der Kapitalausstattung, sondern bei der Rentabilität. In einer besonderen Lage sind die Bausparkassen. „Der Druck wächst merklich“, sagt Hufeld.

 
Herr Hufeld, vor der Finanzkrise war die Regulierung der Banken nicht sehr ausgeprägt. Mittlerweile beklagen viele Branchenvertreter bereits eine Überregulierung. Ist die Aufsicht übers Ziel hinaus geschossen?
Zunächst bestand der größte Nachholbedarf zweifellos darin, die Kapitalausstattung der Banken zu verbessern und den Verschuldungsgrad zu begrenzen. Da haben wir sehr deutliche Fortschritte erzielt. Regulierung ist immer ein Balanceakt zwischen „zu viel“ und „zu wenig“. Es ist sicher eine Aufgabe der kommenden Jahre, das Zusammenspiel der vielen regulatorischen Vorgaben genauer in den Blick zu nehmen. Das müssen wir auf internationaler Ebene besprechen; wir haben es ja weit überwiegend nicht mehr mit nationalem Recht zu tun. Und wenn wir Sandkörner im Getriebe entdecken sollten, dann werden wir Anpassungen vornehmen.
Wie ist es um die Stabilität des Bankensektors in Deutschland und in Europa bestellt?
Es gibt eine Reihe von Themen, an denen wir weiterhin arbeiten, und es sind nicht überall dieselben Probleme. Das macht die Sache kompliziert. In einigen Ländern kämpfen die Banken mit faulen Krediten, die wie Blei auf den Bilanzen lasten. In anderen Ländern – und dazu gehört Deutschland – ist das nicht primär das Problem. Hier geht es darum, dass die Profitabilität deutlich zu wünschen übrig lässt.
Haben die Banken in Deutschland kein Kapitalproblem?
Die Kreditwirtschaft in Deutschland insgesamt – also unabhängig von einzelnen Instituten – hat ihre Kapitalposition deutlich gestärkt und ist dabei, dies weiter zu tun.
Sie prangern regelmäßig die Gratismentalität bei Bankgeschäften an. Hilft es den Banken, wenn jeder Kunde künftig ein paar Euro Kontoführungsgebühren zahlt?
Als Aufsicht geben wir keine Hinweise zur richtigen Gebührengestaltung, das ist Aufgabe der Banken selbst. Es trifft aber nun einmal zu, dass Bankdienstleistungen in Deutschland so günstig wie in kaum einem anderen Land der Welt sind, manchmal sogar kostenfrei. Das ist auf Dauer nicht durchzustehen.
Sie mahnen die Banken zur Überprüfung ihrer Geschäftsmodelle. Was heißt das?
Die Rentabilität ist aufgrund der aktuellen Zinssituation stark gefährdet, deshalb müssen die Kostenstrukturen überprüft werden. Das führt dann dazu, dass nicht mehr jede Bank alles wird anbieten können, sondern sich auf ihre Stärken konzentrieren muss. Es geht um einzelne Produkte, um Produktkategorien – wie bei einem Autohersteller, der sich fragt, ob er sich alle Modelle und Modellvarianten leisten kann. Der Bank-Bauchladen, in dem für alle etwas angeboten wird, ist für viele Banken jedenfalls überholt.
Zwischen Europäern und Amerikanern gibt es Streit darüber, wie die Risiken einer Bank bei der Berechnung des Eigenkapitals berücksichtigt werden sollen. Die Europäer erkennen die individuellen bankinternen Modelle an, die Amerikaner setzen auf standardisierte Verfahren. Wie geht es weiter?
Richtig ist sicher, dass die Abweichungen, die bei der Anwendung interner Modelle entstehen können, eingedämmt werden müssen. Wir wollen aber keine flächendeckende Anhebung der Kapitalanforderungen. Wir müssen in den nächsten Wochen sehen – wenn möglich, bis Jahresende –, wie wir alles unter einen Hut bekommen.
Ist es grundsätzlich möglich, das Risiko aus einem Bankgeschäft zu berechnen?
Ich bin überzeugt davon, dass der Verzicht auf Risikogewichtungen der Komplexität der heutigen Welt nicht gerecht würde; dies birgt falsche Anreize. Die Folge wäre eine Erhöhung des Risikos in der Kreditwirtschaft. Andererseits funktionieren auch noch so ambitionierte Systeme der Risikogewichtung nicht aus sich selbst heraus, sondern immer nur in Kombination mit einer funktionierenden Aufsicht.
Womöglich brauchen die deutschen Banken doch Kapital. Die öffentlichen Banken haben den Kapitalbedarf der 17 größten Banken bei einer Änderung der Risikomodelle auf 78 Milliarden Euro beziffert.
Das sind Zwischenstände vom Sommer aus den Debatten im Basler Ausschuss, wo die Verhandlungen stattfinden. Die Zahlen sind längst überholt. In den Verhandlungen geht es ja gerade darum, eine geringere Spreizung der Modelle zuzulassen und zugleich eine übermäßige Erhöhung der Kapitalanforderungen zu vermeiden.