Staatspaläste in Pink, Wolken aus Flamingos und schwimmende Schweine: Wer auf die Bahamas reist, braucht keine rosa Brille. Diese Farbe dominiert alles.

Bahamas - Nein, der Captain ist wirklich nicht auf LSD, und die Gläser seiner Sonnenbrille sind keineswegs pink. Aber das, was Ray Lightbourn da im blendend türkisen Wasser fröhlich grunzend entgegenschwimmt, sind tatsächlich fünf rosarote Schweine. Instinktiv haben sie in dem sich nähernden Boot eine Gruppe Touristen gewittert. Die haben mit Sicherheit ein paar Leckerbissen in ihren Rucksäcken.

 

Die Heimat der Schweine ist wahrlich kein Maststall, sondern eine Privatinsel in bester Lage. Zu ihren Nachbarn auf den Exumas gehören Hollywood-Stars und Milliardäre. David Copperfield, Eddie Murphy und Bernard Arnault blätterten Millionen hin, um ein Eiland in dem postkartenschönen Archipel im Zentrum der Bahamas zu ergattern. Eine Stunde lang planschen die Touristen mit den Schweinen, dann drängt Bootsführer Ray Lightbourn zum Aufbruch. „Schluss mit den Schweinereien. Es kommt gleich noch eine Überraschung.“

Kaum 30 Bootsminuten entfernt setzt Lightbourn die Ausflügler vor einer kleinen Insel ab. Als sie an den Strand waten, halten sie erschrocken inne: Aus der Uferböschung strömen plötzlich mehr als ein Dutzend furchteinflößende Echsen. Im weißen Sand warten die Exuma-Felsenleguane auf ihre Fütterung. Die seltenen Tiere werden über einen Meter lang. Ihre Drachenköpfe, die gezahnten Rückenkämme und die ausgeprägten Kehlsäcke schimmern altrosa. Rosafarbene Drachen und schwimmende Schweine: Wer auf die Exumas reist, braucht keine pinke Brille. Auch auf den anderen Inseln fällt schnell auf, dass hier anscheinend ein ganzes Volk eine merkwürdige Farbenblindheit hat.

Die Bahamas sind seit 1973 unabhängig

Wer der rosa Spur durch die Bahamas folgt, macht kuriose Entdeckungen. In der Hauptstadt Nassau ist fast das gesamte Zentrum rosa gestrichen. Queen Victoria, die auf einem Sockel vor dem Parlamentsgebäude thront, hat buchstäblich rosige Aussichten, auch wenn ihr Weltreich längst der Vergangenheit angehört. Die Bahamas sind seit 1973 unabhängig. Formal ist allerdings bis heute Königin Elisabeth II. Staatsoberhaupt der ehemaligen Kronkolonie. Rund um die alte Marmorstatue sind alle Gebäude schweinchenrosa.

Nicht weit vom Parliament Square drängt das emsige Inselleben vorbei am rosa Gerichtshof, der rosa Stadtbibliothek, dem rosa Finanzzentrum, der rosa Zion-Baptistenkirche und dem rosa Regierungsgebäude, vor dem eine Kolumbus-Statue Wache hält. Wenn in Nassau gebetet, gezockt oder regiert wird, dann hinter rosa Mauern. Fragt man die Nassauer selbst nach ihrer pinkfarbenen Stadt, wissen viele nicht so genau Bescheid. „Das ist einfach die heimliche Nationalfarbe der Bahamaer“, meint einer.

„Die Engländer haben das mal so angeordnet“, sagt ein anderer, „Rosa ist ihre königliche Farbe.“ Von der Innenstadt Nassaus spaziert man am Meer entlang vorbei an fliederfarbenen und bonbonrosa Strandbuden in Richtung der Ardastra-Gärten. Der kleine Zoo der Hauptstadt ist in der ganzen Karibik bekannt für seine Flamingo-Show. In Scharen strömen Einheimische und Touristen herbei, wenn die Wappenvögel der Bahamas dreimal am Tag in eine eigens für sie errichtete Arena gebeten werden. Mal wippen die schlanken Schwanenhälse synchron zu den Calypso-Rhythmen aus den Lautsprechern, mal verschieben sie sich pittoresk für die Fotos der Flitterwöchner in Herzform.

Die größte Kolonie auf den Westindischen Inseln

Sie mögen die heiß geliebten Nationalvögel sein, so richtig genießen scheinen die Vögel ihren Auftritt vor vollen Rängen aber nicht. Wer Flamingos in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten will, fliegt am besten nach Inagua, dem südlichsten Distrikt der Bahamas. Zur Brutsaison färbt sich der Himmel über dem größten Salzsee der Hauptinsel rosarot. Dann finden sich mehr als 60 000 Vögel ein, um hier ihre Jungen aufzuziehen. Es ist die größte Kolonie auf den Westindischen Inseln überhaupt.

„Der Karibische Flamingo ist eng mit dem Flamingo in Afrika und Europa verwandt“, sagt James Traverse, der Zoo-Kurator der Ardastra-Gärten. „Er ist aber deutlich durch sein noch intensiveres Pink zu unterscheiden. Keine Flamingoart ist farbenprächtiger.“ Das kräftige Rosa kommt durch Carotinoide zustande, die die Vögel mit ihrer Hauptnahrung, vor allem Kleinkrebse, aufnehmen. Die scheinen auf den Bahamas besonders farbfördernd zu sein.

Unter den 52 Vögeln in den Ardastra-Gärten ist ein einziger Andenflamingo aus Chile, der blass neben seinen kräftig rosafarbenen karibischen Kollegen wirkt. „Selbst mit dem gleichen Futter kommt er einfach nicht an seine Artgenossen heran“, sagt Traverse. Am frühen Morgen bricht von Potter’s Cay eine Fähre nach Harbour Island im Osten von Nassau auf. An diesem Wochenende findet am Pink Beach der Nachbarinsel ein Volksfest statt. Bereits auf der Fähre fließen reichlich Bier und Rum.

Die Partymeute tanzt zu Calypso, Reggae und Soca, den Lieblingsrhythmen der Bahamas. Die Musik aus dem Lautsprecher wird erst unterbrochen, als eine traditionelle Junkanoo-Band mit Trommlern und Trompetern das Deck betritt. In seinem Karnevalskostüm mit dem rosa Sioux-Federschmuck ist der Band-Leader der schrillste Paradiesvogel unter den Musikern. Barry Armbrister ist einer der Passagiere, die extra für das Fest gekommen sind. Seine Dreadlocks reichen ihm bis über die Schultern.

Schon am Nachmittag ist die Tanzfläche am Pink Beach voll mit Einheimischen. Der Strand heißt so, weil ein Einzeller mit Namen Foraminifera dem Sand einen sanften Rosaton verpasst. Unterm Mikroskop sieht er aus wie eine winzige Erdbeere. „Was heißt hier schon Pink?“, fragt Armbrister. „Ich sehe hier einfach nur weißen Sand.“

Infos zu den Bahamas

Anreise
Zum Beispiel mit British Airways ( www.britishairways.com) über London nach Nassau oder mit Lufthansa ( www.lufthansa.de ) über New York.

Unterkunft
Das Sandals Royal Bahamian in Nassau liegt ideal, um sich in der rosa Hauptstadt der Bahamas umzusehen, DZ ab 350 Euro all-inclusive, www.sandals.de

Im Grand Lucayan Resort in Freeport liegt direkt am Strand, Zimmer und Suiten sind im karibischen Stil eingerichtet, DZ ab 140 Euro pro Nacht, www.grandlucayan.com

Sehenswert/Ausflüge
Etwas in die Jahre gekommen ist das altehrwürdige Graycliff in Nassau, ein Besuch im Weinkeller des Hotels lohnt sich für Gourmets: www.graycliff.com

Ausflüge zu den schwimmenden Schweinen und Felsenleguanen: Island Routes organisiert Ausflüge zu den schwimmenden Schweinen und Felsenleguanen, www.islandroutes.com

Allgemeine Informationen
Bahamas Tourist Office Deutschland, Limburger Straße 3, 61462 Königstein, Tel. 0 61 74 / 61 90 14, www.bahamas.de