Die Bundesregierung ist beim Staatskonzern über die Vorstandsposten und die weitere Sanierung uneins. Die Aufsichtsratssitzung am 20. September, vier Tage vor der Bundestagswahl, ist verschoben worden.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die Bundesregierung will in der heißen Wahlkampfzeit nicht noch mehr öffentliche Aufregung über die Probleme bei der Deutschen Bahn. Die nächste ordentliche Aufsichtsratssitzung des Staatskonzerns, die vier Tage vor der Bundestagswahl am 24. September stattfinden sollte, wurde deshalb abgesagt und soll erst Mitte Oktober nachgeholt werden. Diese Informationen unserer Redaktion wurde sowohl in Kreisen des Unternehmens sowie der Regierung bestätigt.

 

Bereits Mitte Juli hatte DB-Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht eine geplante Sondersitzung des 20-köpfigen Gremiums sehr kurzfristig abgesagt. Im Kontrollgremium gibt es seit Längerem große Meinungsverschiedenheiten über die weitere Sanierung des Staatskonzerns und das Führungspersonal. „Es bringt nichts, wenn wir uns kurz vor der Wahl nochmals streiten“, heißt es in Koalitionskreisen. Nun sollen das Wählervotum, die neue politische Machtverteilung und die Neubesetzung der Ministerposten abgewartet werden. Mit der Absage will die Regierung nicht zuletzt der Opposition und den Bahn-Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die das Treffen nutzen wollten, die Problemfälle des Staatskonzerns zu thematisieren.

Das Sanierungsprogramm entzweit den Aufsichtsrat

Besonders das Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ von Ex-Vorstandschef Rüdiger Grube, das erheblichen Stellenabbau und Einschnitte besonders bei der defizitären DB Cargo vorsah, hatte den Aufsichtsrat entzweit. Seit März führt nun der langjährige Finanzchef Richard Lutz den Konzern in Doppelfunktion. Im Güterverkehr wurde eine komplette Kehrtwende vollzogen. Statt der Streichung von knapp 2000 Stellen, die bei einem langwierigen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft EVG vereinbart wurden, soll es nun bei DB Cargo 1200 Neueinstellungen geben, weil vor allem Lokführer fehlen. Strittig bleibt dennoch der geplante Aufstieg von DB-Cargo-Chef Jürgen Wilder zum Güterverkehrsvorstand. Einig ist man sich im Aufsichtsrat dagegen offenbar über die Berufung der Informatikerin Sabina Jeschke zur neuen Digitalvorstandsfrau des Konzerns. Die Professorin für Maschinenbau soll von der Hochschule RWTH in Aachen nach Berlin kommen.