Mit dem Ausbau des Fernverkehrnetzes auf der Schiene und mehr Städteverbindungen will die Bahn im Land und in der Region Stuttgart der Fernbus-Konkurrenz durch die Fernbusse Paroli bieten. Spätestens von 2030 an sollen viele Fernverkehrszüge auch in Heilbronn, Reutlingen, Friedrichshafen und Lindau halten.

Stuttgart - Mit dem Ausbau des Fernverkehrnetzes auf der Schiene und mehr Städteverbindungen will die Bahn im Land und in der Region Stuttgart der wachsenden Konkurrenz durch die Fernbusse Paroli bieten.

 

Um die wirtschaftsstarke Region rund um die Landeshauptstadt und das Land besser mit dem Schienennetz zu verknüpfen, sollen Fernverkehrszüge spätestens von 2030 an auch in Heilbronn, Reutlingen, Friedrichshafen und Lindau halten. Bis dahin sollen zudem wesentlich mehr Intercity-Züge (IC) als heute den Pforzheimer Bahnhof anfahren. „Wir möchten Städte mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern mit modernen Doppelstock-ICs besser an das Fernverkehrsnetz anbinden“, kündigt ein Bahn-Sprecher in Stuttgart an. Dazu gehöre neben Esslingen auch Ludwigsburg. Durch die neue Verkehrsoffensive der Bahn seien künftig aber auch Göppingen, Aalen und Schwäbisch Gmünd besser und häufiger erreichbar.

Fernbus-Boom zwingt Bahn zu besserem Angebot

Von Dezember 2017 an soll stündlich ein IC als Linie 87 von Stuttgart über Horb, Tuttlingen, Singen und Schaffhausen nach Zürich rollen. „Jeder zweite IC auf dieser Strecke hält auch an Nahverkehrsstationen, etwa in Eutingen“, heißt es bei der Bahn. Ein Jahr später wird diese IC-Verbindung im Zwei-Stunden-Rhythmus weiter ausgebaut. Dann geht es von Stuttgart, via Schwäbisch Hall und Crailsheim nach Nürnberg weiter. „Dadurch gibt es jede Stunde einen IC in  Crailsheim“, so die Bahn. Denn dieser Halt werde auch von der IC-Linie Stuttgart–Nürnberg bedient. In Waiblingen halte dann alle zwei Stunden ein IC.

Mehr Qualität und Tempo verspricht die Bahn auch auf den ICE-Strecken im Land. Spätestens in 15 Jahren gebe es auf den Hauptachsen nach Mannheim, Ulm und Karlsruhe zwei Züge in der Stunde. Mit dem Fahrplan 2016 soll sich die gut zweistündige ICE-Verbindung nach Köln um zehn Minuten verkürzen. Der TGV nach Paris wird von April 2016 an nur noch 160 statt 190 Minuten bis Paris brauchen. Nach München geht es von Stuttgart aus erst 2022 rund 30 Minuten fixer – falls Stuttgart 21 rechtzeitig fertig werden sollte.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat grundsätzlich begrüßt, dass die Bahn durch den Fernbus-Boom gezwungen werde, sich um die Kundschaft zu kümmern. Es sei richtig, mehr Städte und Regionen an das Schienennetz anzuschließen. „Vor dem Erscheinen der erfolgreichen Bus-Konkurrenz hat es der Konzern nicht für nötig befunden, lange bestehende Missstände zu beseitigen“ kritisiert der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. Nun solle es sogar wieder funktionierende Toiletten in Regionalzügen geben.

Freundliche Worte für die Konkurrenz

Mit ihrer Kehrtwende versuche die Bahn den vor Jahren vollzogenen Kahlschlag beim Fernverkehrsangebot zumindest teilweise zu reparieren. Der VCD habe bereits vor Jahren aufgezeigt, dass sich in praktisch allen baden-württembergischen Städten die Anzahl der Fernzughalte von 1998 bis 2008 dramatisch verschlechtert habe. Besonders hart habe es Heidelberg und Pforzheim mit gut einem Drittel weniger Fernzugstopps getroffen. In Konstanz, Friedrichshafen und Geislingen/Steige sei das Fernverkehrsangebot damals fast völlig gestrichen worden.

Der Konkurrent „MeinFernbus FlixBus“ findet freundliche Worte für die Konkurrenz. Man freue sich, dass der Einfluss der grünen Busflotte in den vergangenen drei Jahren so groß gewesen sei, dass bei der Bahn ein Umdenken stattfinde, von dem deren Kunden profitieren könnten.

Aufmerksam registriert wurde das neue Fernzugkonzept auch im Verkehrsministerium. „Damit kommt die Bahn ihrem grundgesetzlichen Auftrag nach“, erklärte Minister Winfried Hermann.