Seit 2017 ist Leonberg Teil des „Lärmsanierungsverfahrens“ der Deutschen Bahn. Mehr als Tausend Wohnungen im Haldengebiet, in der Gartenstadt und im Silberberg sollen davon profitieren.

Leonberg - Vor dem Eingang in den Saal der Stadthalle hängen großformatige Pläne mit den künftigen Lärmschutzwänden. „Schau, da wohnen wir“, sagte eine Frau zu ihrer Begleitung. Das Interesse an der Informationsveranstaltung zur Lärmsanierung an Schienenwegen war groß. An die 100 Bürger waren am Montagabend gekommen, um sich auf den neuesten Stand zu bringen.

 

Ob sie drei Meter hoch werden oder vier, steht noch nicht fest. Klar ist aber, dass die Lärmschutzwände entlang der Bahnlinie im Haldengebiet, im Bereich der Gartenstadt und im Silberberg kommen werden. Wann die Bewohner vom Lärm der Züge entlastet sein werden, hängt vom weiteren Verfahren ab, die Jahreszahl 2024 steht im Raum. Nach einer Gesetzesänderung kommen jetzt deutlich mehr Häuser und Wohnungen in den Bereich, der vor Lärm geschützt werden soll. Denn ursprünglich sollte das nur für Gebäude gelten, die bis 1974 gebaut wurden. Jetzt müssen sie vor dem 1. Januar 2015 errichtet worden sein, oder der entsprechende Bebauungsplan bis dahin rechtsverbindlich geworden sein.

Für Leonberg bedeutet das eine Zunahme von bisher 740 auf jetzt 1115 Wohneinheiten, die nun aktiv, sprich durch Lärmschutzwände, oder passiv, etwa durch Lärmschutzfenster, geschützt werden sollen. „Ziel sind Grenzwerte in reinen und allgemeinen Wohngebieten von höchstens 67 Dezibel tagsüber und 57  Dezibel nachts“, sagte Sabine Weiler, die Leiterin der Lärmsanierung für den südwestdeutschen Raum.

400 Meter mehr

Martin Reichelt vom Ingenieurbüro Modus Consult erläuterte den Verlauf der geplanten Wände auf der Gemarkung Leonberg: Auf der nördlichen Seite beginnt sie unterhalb des Berufsschulzentrums und reicht mit einer Gesamtlänge von 913 Metern bis über den Bahnhof hinaus. Dies sind 400 Meter mehr als in der früheren Planung. Auf der südlichen Seite reicht sie mit einer Gesamtlänge von 460 Metern von der Rutesheimer Straße bis zum Bahnhof und ist 70 Meter länger als seither geplant.

Im Silberberg bleibt die Länge der Lärmschutzwände fast unverändert: 934 Meter sind es auf der Südseite, 525 Meter im Norden. In allen Fällen bleiben bei drei Meter hohen Wänden noch etliche Wohneinheiten übrig, bei denen die gewünschte Lärmminderung durch Wände nicht erreicht wird, an der Rutesheimer und Scheffelstraße sind es 66, in Silberberg entlang des Finkenwegs und der Friedrich-Haug-Straße 44. Würden hier vier Meter hohe Wände gebaut, wie von Leonberg gefordert, wären es im ersten Fall noch 27 und im zweiten Fall 23, die passiven Lärmschutz benötigen würden.

Von den Zuhörern kam eine Reihe von Fragen. Eine große Rolle spielten dabei die besonders lauten Güterzüge und die Frage, wie viel davon künftig auf der Strecke fahren. Oberbürgermeister Martin Cohn sagte, dass im Zuge des Klimawandels der Schienenverkehr ausgebaut werden solle, weswegen die Verkehrszahlen möglicherweise steigen. Das solle mitberechnet werden. Sabine Weiler entgegnete, wenn der Verkehr so stark zunehmen sollte, müssten Strecken ausgebaut werden. Dann sei man allerdings beim Thema Lärmvorbeugung.

Anwohner sind zufrieden

Gerhard Schneider von der AG Verkehrslärm sagte nach der Veranstaltung, er sei froh, dass jetzt etwas passiert. Er wohnt im Silberberg und begrüßt, dass nun auch der Weg für eine vier Meter hohe Wand offen ist. „Ich wohne höher und wahrscheinlich am nächsten an der Bahn“, sprach er aus persönlicher Betroffenheit. Seine Nachbarin Anja Autenrieth nickte zustimmend. Sie wohnt seit 2015 in dem Stadtteil. Oft nehme man den Lärm nicht mehr bewusst wahr, aber im Unterbewusstsein schon, was ja auch schlecht für die Gesundheit sei, sagt sie. „Wir sind froh, dass der OB jetzt mitspielt, er hat gute Gespräche geführt“, fügte Schneider hinzu. Klar sei, dass solche Wände schon eine Veränderung für den Stadtteil bringen. „Man muss sich dann fragen, ob man den Blick auf eine schöne Landschaft haben oder ruhig wohnen will.“

Ewald Thoma, der Sprecher der AG Verkehrslärm, der in der Gartenstadt wohnt, sagte, er persönlich sei zufrieden mit dem Konzept. Doch seiner Meinung nach gehöre im Anschluss an die Wand vom Berufsschulzentrum zum Bahnhof noch eine Verlängerung zur Gebersheimer Straße hinzu. Er kritisierte das „sehr standardisierte Verfahren“, in dem man um jede Zahl kämpfen müsse. „Die Grenzwerte sollten einheitlich sein“, so seine Forderung. Er sagte das mit Blick auf den Lärmaktionsplan der Stadt Leonberg, der Grenzwerte von 55 Dezibel nachts und 65 Dezibel tagsüber vorsieht. „Hier gibt es eine Lücke“, sagte er und fragte, ob die Stadt diese mitfinanzieren könne.

„Wenn wir heute keine Gegenstimmen bekommen, dann lassen wir die Kosten für die 3,5 Meter oder vier Meter hohe Wand mitrechnen“, sagte Sabine Weiler. Entscheidend sei am Ende aber der Kosten-Nutzen-Faktor. Den Wunsch, eventuell vier Meter hohe Wände zu errichten, gebe es bisher nur von Leonberg. „Wir hatten noch keine andere Stadt, die das so wollte“, betonte Sabine Weiler. Der OB dankte unter dem Applaus der Gäste für dieses Zugeständnis der Bahn.

Unterlagen
Sämtliche Unterlagen, die bei der Informationsveranstaltung gezeigt wurden, stehen auf der Homepage der Stadt Leonberg unter www.leonberg.de/lärmsanierung