Die Deutsche Bahn hat ein neues Angebot vorgelegt, dennoch bestreikt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) den Personenverkehr. Was fordert sie noch von der Bahn? Und wann hat der Streik ein Ende?

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart - Seit Donnerstag, 2 Uhr stehen überall im Land viele Züge still, etliche Bahnreisende hoffen auf den Ersatzverkehr. Die Lokführergewerkschaft GDL will bis Dienstag den Personenverkehr bestreiken, im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn lehnt sie das Bahn-Angebot von Mittwochabend ab. Doch wie nahe kommen sich Bahn und GDL inzwischen im Tarifkonflikt? Ist ein Ende des Streiks abzusehen?

 

Was fordert die GDL?

Die Lokführergewerkschaft fordert für einen neuen Tarifvertrag eine Tariferhöhung von 3,2 Prozent und eine Laufzeit von 28 Monaten. Der erste Teil der Tariferhöhung in Höhe von 1,7 Prozent soll bereits für das laufende Jahr ausgezahlt werden. Außerdem fordert die GDL eine Corona-Prämie in Höhe von 600 Euro und eine Reform des Betriebsrentensystems.

Was bietet die Deutsche Bahn inzwischen an?

Das aktuelle Angebot vom Mittwochabend bietet – abhängig von der Entgeltgruppe – eine Corona-Prämie von 400 bis 600 Euro an. Die Tariferhöhung soll 3,2 Prozent betragen– allerdings bei einer Laufzeit von 36 Monaten.

Wie weit sind GDL und Bahn voneinander entfernt?

Mit dem Angebot der Deutschen Bahn würde für die Lokführer später Geld fließen, als von der GDL gewünscht. Außerdem würde der Tarifvertrag länger dauern. Für den folgenden Tarifvertrag wären damit erst später Gespräche über ein höheres Gehalt möglich, was aus GDL-Sicht Lohneinbußen zur Folge hätte.

Allerdings kommt die Deutsche Bahn einen weiteren Schritt den GDL-Forderungen entgegen. Bisher hatte sie eine Tariferhöhung von 3,2 Prozent bei einer Laufzeit von 40 Monaten angeboten sowie eine Corona-Prämie. Die Höhe der Prämie hatte sie aber bis Mittwochabend nicht beziffert.

Wo hakt es zwischen GDL und Bahn derzeit am meisten?

Nach Auffassung von GDL-Chef Claus Weselsky verlangt die Bahn, den Geltungsbereich auf den derzeitigen Tarifvertrag zu beschränken – er soll nicht für neue Gewerkschaftsmitglieder gelten. Damit drohe eine Spaltung der Gewerkschaft in Mitglieder erster und zweiter Klasse. Weselsky sagte im „Morgenmagazin“ der ARD, der Bahnvorstand wolle die Existenz der GDL vernichten. Auch sei die Nullrunde für dieses Jahr nicht hinnehmbar.

Warum wird der Tarifkonflikt so hart ausgetragen?

Im Konflikt geht es auch um den Einfluss der GDL. Sie möchte ihren Einfluss unter den Bahn-Beschäftigten in Konkurrenz zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ausweiten. Die GDL ist klein, aber handlungsstark. Sie sieht ihre Stärke vor allem durch das sogenannte Tarifeinheitsgesetz gefährdet. Dieses sieht vor, dass in einem Betrieb mit mehreren Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. Aus Sicht der Deutschen Bahn ist das in einem Großteil der rund 300 Bahn-Unternehmen die EVG. Die GDL zweifelt das an.

Könnte es bald eine Lösung des Tarifkonflikts geben?

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bekräftigte im „Morgenmagazin“ der ARD, dass die GDL an den Verhandlungstisch zurückkehren solle. Wann die beiden Seiten nach der Ablehnung des Angebots durch GDL-Chef Weselsky wieder Gespräche aufnehmen könnten, ist unklar. Dass der laufende Streik noch verkürzt werden könnte, ist eher unwahrscheinlich. Die letzte Verhandlungsrunde zwischen beiden Seiten ist fast drei Monate her.

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