Schneller in Stuttgart: Das versprechen Pläne einer neuen Zugart zwischen Weil der Stadt und Feuerbach.

Stuttgart - Eine halbe Milliarde gibt man nicht jeden Mittwochnachmittag aus. Das sei, bekannte auch der Renninger Bernhard Maier, die größte Summe, an der er in seinem ganzen Berufsleben – immerhin war er Bürgermeister und Landrat – mitgewirkt habe. 58 neue S-Bahnzüge haben Maier und seine Regionalrats-Kollegen in der Versammlung des Verbands Region Stuttgart (VRS) am Mittwoch bestellt und dafür 422 Millionen Euro bereitgestellt. Darunter sind auch zwölf Züge, die einmal als Sprinter-S-Bahn zwischen Weil der Stadt und Feuerbach verkehren sollen. Aber warum? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 

Warum noch eine Zugverbindung?

Die Strecke von Weil der Stadt nach Stuttgart ist (zusammen mit dem kurzen Abschnitt zwischen Ludwigsburg und Backnang) die einzige S-Bahn-Linie, auf der nicht zusätzlich auch noch Regionalzüge fahren. Denn solche Regionalzüge verkehren nur dort, wo die Schienenstrecken über das S-Bahn-Netz hinausreichen, um weiter entfernt liegende Zentren anzubinden (zum Beispiel Aalen, Heilbronn oder Tübingen). Hinter Weil der Stadt gibt es – jedenfalls bislang – noch kein Ziel, das ein Regionalzug ansteuern könnte.

Alle Bahnfahrer zwischen Weil der Stadt und Stuttgart müssen also die S-Bahn nehmen – dementsprechend voll ist sie. Vor allem morgens und abends platzen die S-Bahnen aus allen Nähten. Eine zusätzliche Sprinter-S-Bahn soll nun entlasten.

Was ist eine Sprinter-S-Bahn?

In der Region Stuttgart gibt es diese Zugart bislang noch nicht. Dementsprechend wenig Konkretes lässt sich über sie sagen. Klar ist nur: diese S-Bahn-Schnellzüge werden nicht an jeder Haltestelle stoppen. „Welche Haltestellen ausgelassen werden, müssen jetzt die weiteren Untersuchungen zeigen“, erklärt Jürgen Wurmthaler, der VRS-Verkehrsdirektor, unserer Zeitung. Weil die S-Bahn-Stammstrecke unter dem Stuttgarter Hauptbahnhof bereits ausgelastet ist, wird die Sprinter-S-Bahn in Feuerbach enden müssen. Das Szenario könnte dann wie folgt aussehen: In Weil der Stadt oder Leonberg fährt der Sprinter erst später los und holt dann in Feuerbach die reguläre S-Bahn ein, in die die Fahrgäste nach Stuttgart dann umsteigen.

Wie realistisch ist das?

Durchaus realistisch, vor allem, weil die wichtigste Frage schon geklärt ist: nämlich, wer die Sprinter-S-Bahn bezahlt. Der VRS konnte das Land gewinnen, sich zu beteiligen. „Zweifelsohne wären beschleunigte Verbindungen nach Stuttgart auch aus Weil der Stadt und Leonberg sinnvoll“, sagt Oliver Hillinger, der Pressesprecher des Verkehrsministeriums. Daher fördere man diese Zusatzlinie und gebe dem Verband Region Stuttgart dafür Geld, bestätigt er auf Nachfrage.

Wann kommt die Sprinter-S-Bahn?

Das hängt von mehreren Faktoren ab. Die jetzt bestellten Züge bekommt der Verband erst in drei bis vier Jahren. Auch muss die Deutsche Bahn erst den Bahnsteig 130 in Feuerbach umbauen. „Wir haben das Thema bei der Bahn schon angeschoben“, berichtet Wurmthaler. Von alleine tue sich da nichts. „Aber ich bin zuversichtlich, dass das jetzt anläuft.“ Da der Feuerbacher Bahnhof für Stuttgart 21 ohnehin umgebaut werden muss, bietet es sich an, den steig 130 dann auch mit einzubeziehen. Die Sprinter-S-Bahn würde dann erst kommen, wenn S 21 fertig ist.

Was ist mit der Hesse-Bahn?

Ein Nadelöhr ist der Abschnitt zwischen Weil der Stadt und Malmsheim, der nur eingleisig ist. „Der Sprinter und die Hesse-Bahn passen da nicht gleichzeitig durch“, sagt der S-Bahn-Chef Jürgen Wurmthaler. „Wir werden uns da einigen müssen.“ Ihm schwebt auch schon vor, was die Lösung sein könnte. „Es drängt sich ja geradezu auf, dass wir mit diesen Sprinter-Zügen dann weiter bis Calw fahren.“ Man sei dazu auch schon in Gesprächen mit den Kollegen im Nordschwarzwald.

Auch der Regionalrat Bernhard Maier (Freie Wähler) – bislang einer der größten Kritiker der Hesse-Bahn – sieht darin die Lösung und das Ende der „Phantom-Debatte“ um die Hesse-Bahn. „In Calw müsste man uns dankbar sein“, sagt Maier. „Denn dadurch können unnötige Investitionen im Bahnhof Renningen vermieden werden.“ Endet die Hesse-Bahn wie geplant in Renningen, braucht sie dort einen eigenen Bahnsteig, der mehrere Millionen kostet.

Und in Calw?

Bisher äußerte man sich dort skeptisch. Man halte sich an Abmachungen, hieß es dort im November, als die Sprinter-Pläne erstmals aufkamen. Der Landrat Helmut Riegger (CDU) verfolgt seine eigenen Pläne. Am Mittwoch nahm er an einer Testfahrt mit einem Wasserstoffzug von Offenburg nach Freudenstadt teil. Solche Züge könne er sich auch für die Hesse-Bahn vorstellen. „Man sieht, die Bahn schafft es auch den Berg hoch“, erzählte der Landrat dem „Schwarzwälder Boten“. Nebenbei verkündete Riegger, dass man sich bis März mit dem Nabu wegen der Fledermäuse einigen werde, das sei auch ein Signal an „die Nörgler“ in Weil der Stadt und Renningen.

Und wenn es keine Einigung gibt?

Es gibt den diskriminierungsfreien Zugang zu allen Schienen. Auf dem eingleisigen Stück bei Weil der Stadt wird die Sprinter-S-Bahn also nicht automatisch vor einer Hesse-Bahn bevorzugt. Notfalls könnte die S-Bahn nur bis Leonberg oder Renningen fahren. Das wäre aber nur die zweitbeste Lösung, denn ein Gutachten des VRS prognostiziert für die Linie Weil der Stadt-Feuerbach 9000 Fahrgäste pro Tag, für die Linie Renningen-Feuerbach nur 5900. Im Landesverkehrsministerium will man sich dazu noch nicht äußern. Die Wechselwirkungen oder möglichen Synergien eines Sprinters mit der Hesse-Bahn müssten erst untersucht werden, sagt der Sprecher Oliver Hillinger. „Bislang liegen noch keine Fahrplanuntersuchungen vor.“