Der Verdruss über die Doppelstockwagen auf der Remsbahn ist so groß, dass sich beim Bahngipfel in der Daimlerstadt mancher Bürgermeister die Vorgängerwaggons zurückwünscht. Auch die Zahl der Sitzplätze bleibt umstritten.

Schorndorf - Die seit dem Oktober eskalierenden Missstände auf der Remsbahn haben am Montag einen im Schorndorfer Rathaus einberufenen Bahngipfel beschäftigt. Der Schorndorfer Oberbürgermeister nannte die Situation auf dem Schienenweg zwischen Stuttgart und Aalen „äußerst unbefriedigend“. Seit der Umstellung des Wagenmaterials am 1. Oktober häuften sich die Verspätungen, es seien mehr als 70 Züge ausgefallen, es gebe so genannte „Geisterwagen“, die mitgezogen werden, aber abgeschlossen sind. Matthias Klopfer schilderte eine Fahrt in einem völlig überfüllten Zug. Selbst wohlmeinende Bekannte, die den öffentlichen Nahverkehr immer in Schutz genommen hätten, hätten jetzt genug vom Bahnfahren, so der OB. Man müsse zurzeit eine halbe Stunde früher mit der Bahn starten, um die Anschlüsse sicher zu bekommen.

 

„Heiß wie in einem Gewächshaus“

Der Plüderhausener Bürgermeister Andreas Schaffer sprach davon, dass seine Gemeinde, die nur ein Regionalzughalt ist, „das schlechteste Wagenmaterial und die dünnste Anbindung“ habe – was er angesichts seiner Nahverkehrsumlage nicht verstehe. Sein Urbacher Amtskollege Jörg Hetzinger erklärte zudem, in den oberen Doppelstockwagen werde es im Sommer „heiß wie in einem Gewächshaus“, weil sich kein Fenster öffnen lasse. Hetzinger sagte, er erhalte von Bahnfahrern jetzt sogar Vorschläge, dass die alten Silberling-Waggons wieder eingesetzt werden sollten. „Dann hätten wir bis zum Jahr 2019 zumindest den Standard wie bisher.“ Der Waiblinger Landrat Richard Sigel warnte indes davor, auf die vor kurzem noch viel kritisierten alten Waggons „prähistorisch umzusteigen“.

In seiner Antwort entschuldigte der Vertreter der Bahn, Karl Eugen Stier, sich zwar für die Missstände. Er erklärte sie zum Teil auch mit der Bestellung des Landes. Im Übergangsvertrag sei vorgesehen gewesen, auf der Remsbahn Züge mit sieben Doppelstockwagen zu fahren. dafür wären laut Stier zwei Loks notwendig gewesen. Das Zusammenkuppeln der aus verschiedenen Bundesländern herbeigeholten Waggons habe sich als zu fehlerträchtig herausgestellt. Bei anderen Strecken, auf denen die Doppelstockwagen eingesetzt werden, habe man das vorab getestet „Wir hätten das im Falle der Remsbahn auch tun sollen“, gab Stier zu. Er reagierte damit auf die Kritik des FDP-Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann, der kritisiert hatte, dass von der Bahn mangelhafte Züge im Realbetrieb eingesetzt worden seien.

Zu wenig Plätze in den Stoßzeiten

Die mit der Nahverkehrsgesellschaft vereinbarte Lösung sei laut Stier, jetzt kürzere Gespanne mit nur fünf Waggons verkehren zu lassen. Das führe aber zu einem Minus an Sitzplätzen, war von den Kommunalvertretern zu hören. Die Rede war davon, dass es rund 30 Prozent der Plätze weniger gebe, als in den morgendlichen Stoßzeiten benötigt würden. Karsten Klapheck erläuterte als Vertreter des Verkehrsministeriums, eine gewisse Zahl an Stehplätzen sei einberechnet, allerdings solle kein Bahnkunde länger als 15 Minuten stehen. Die Waggons seien „das Neuste, das es gibt“, behauptete Constantin Druckenbrod von der Nahverkehrsgesellschaft des Landes „Ihr Problem ist, dass die Bahn zu wenige funktionsfähige Waggons zur Verfügung stellt“, lautete seine Deutung des Problems.

Diese Formulierung stieß bei Thomas Berger, dem SPD-Fraktionschef im Schorndorfer Gemeinderat, auf Widerspruch. Beim Bahnfahren gehe es um Pünktlichkeit, einen Sitzplatz und einen gewissen Fahrkomfort. Angesichts der Entwicklungen wie dem autonomen Fahren müsse man im öffentlichen Nahverkehr um Qualität bemüht sein. „Das ist nicht unser Thema, das ist ihr Thema“, sagte Berger an Druckenbrod gewandt.