Nun hat auch Kretschmann neuen Stresstest für Stuttgart 21 ins Spiel gebracht.

Stuttgart - Nun hat auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) einen neuen Stresstest für Stuttgart 21 ins Spiel gebracht. „Es ist unter Umständen eine zweite Simulation erforderlich“, sagte er vor der Präsentation des ersten Stresstests an diesem Freitag. Der erste Belastungstest habe erhebliche Mängel des geplanten Tiefbahnhofs und der Anschlüsse offenbart. Auch das Schweizer Ingenieurbüro sma habe in seinem Gutachten viel Kritik im Detail geübt und für eine weitere Simulation plädiert. „Es geht um Nachbesserungen, etwa bei der Wendlinger Kurve“, sagte Kretschmann.

 

Kretschmann: Geißler könnte zweiten Stresstest fordern

Der Grünen-Politiker hält es für denkbar, dass Schlichter Heiner Geißler am Freitag der Bahn einen zweiten Stresstest zur Auflage macht: „Es könnte möglich sein, dass die Simulation nochmal mit den entsprechenden Änderungen durchgeführt werden muss.“ Selbstverständlich sei aber der frühere CDU-Generalsekretär Geißler „Herr des Verfahrens“. Auch das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 mit dem grünen Verkehrsexperten Boris Palmer hält einen veränderten Stresstest für nötig. Entscheidend sei, dass das 4,1 Milliarden Euro teure Bahnprojekt nicht die verlangte Qualität erreiche, betonte Kretschmann: „Es heißt im Schlichterspruch, es müsse eine „gute Betriebsqualität“ gewährleistet sein. Das ist nicht der Fall.“ Bei guter Betriebsqualität würden Verspätungen abgebaut. Die Bahn verwende nun völlig neue Begriffe. „Geißler hat sich klar hinter diese Kritik gestellt“, sagte Kretschmann. Der Regierungschef erwartet am Freitag einen „harten Schlagabtausch“ ohne vorher feststehendes Ergebnis: „Es ist nochmal ein offener Prozess.“

Vor einer Woche hatte sma allerdings der Bahn attestiert, Stuttgart 21 habe den Stresstest bestanden. Kretschmann stellte die Akzeptanz des Tests wieder infrage: „Wir haben gesagt, dass wir das Ergebnis in quantitativer Hinsicht akzeptieren. Das war jedenfalls der erste Blick. Der zweite Blick ist dann nochmal etwas genauer.“ Die sma sage ja selbst, das bestimmte Dinge nicht erfüllt worden seien. Kretschmann kündigte an, dass auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Freitag eine detaillierte Analyse zum Gutachten präsentieren werde. „Wir bestreiten das sma-Gutachten nicht. Es geht nur um die Konsequenzen, die aus diesem Gutachten gezogen werden. Ich weise darauf hin, dass die Nahverkehrsgesellschaft schon vorher darauf hingewiesen hat, dass unklar ist, was gute Betriebsqualität bedeutet.“ Er versicherte, ein zweiter Stresstest würde den Fahrplan hin zu einer Volksabstimmung im Herbst nicht verzögern. Grün-Rot habe mit dem Kündigungsgesetz zum Ausstieg aus der Mitfinanzierung von Stuttgart 21 den ersten Schritt zum Volksentscheid getan. In den kommenden vier Wochen sollen Verbände und Experten dazu angehört werden. „Wenn eine neue Simulation gemacht wird, dann im Zeitraum der Anhörung zum Kündigungsgesetz zu Stuttgart 21. Das wird dadurch nicht in die Länge gezogen.“ Die Ergebnisse könnten dann noch einfließen. „Das sma-Gutachten beurteilt die Betriebsqualität, aber nicht das Kosten-Nutzen-Verhältnis.“

Bahn muss bei Kostenfrage Antworten liefern

Bei den Kostenfragen sei die Bahn gefordert, endlich für Klarheit zu sorgen. Die grün-rote Koalition werde durch seine Forderung nicht belastet, sagte Kretschmann: „Der Dissens ist ja akzeptiert.“ Man dürfe nicht vergessen, dass es immer um die Sache gehe. „Auch wenn Stuttgart 21 plus gebaut würde, müssen wir als projektbeteiligte Landesregierung darauf achten, dass dieser Bahnhof bei guter Qualität funktioniert. Das ist völlig unabhängig von der Frage, ob wir dafür sind oder dagegen. Allerdings geht es dann auch immer um die zu erwartenden Kosten.“ Die Grünen hätten schon in der Opposition in puncto Tiefbahnhof bewiesen: „Wir übernehmen auch Verantwortung dafür, dass, wenn er kommen sollte, er auch gescheit funktioniert.“