Das Eisenbahn-Bundesamt hat die letzte fehlende Baugenehmigung für die Strecke von Wendlingen nach Ulm erteilt. Die Grünen im Bundestag melden erneut Zweifel an der Leistungsfähigkeit der neuen Schienenverbindung an.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Deutsche Bahn verfügt entlang der gesamten Hochgeschwindigkeitsstrecke Wendlingen-Ulm über das Baurecht. Den letzten ausstehenden Bescheid hat nun das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) als Genehmigungsbehörde erlassen. Der betreffende Abschnitt „Albvorland“ reicht auf einer Länge von neun Kilometer von der Neckarquerung bei Wendlingen bis zu einer Stelle südlich von Kirchheim/Teck. Der allergrößte Teil der Strecke verläuft im gut 8,1 Kilometer langen Albvorlandtunnel.

 

Die Bahn hatte zuletzt im Vorgriff auf die nun erteilte Baugenehmigung die Arbeiten in dem nach ihrer Lesart 2.1a/b genannten Abschnitt ausgeschrieben. Damit sollten „die Vorlaufzeiten für die Abgabe der Bewerbungsunterlagen potenzieller Bewerber verkürzen“, erklärt Jens Hallfeldt, der für den Abschnitt zuständige Projektleiter der Bahn. Das Genehmigungsverfahren zog sich in die Länge. Begonnen hatte es 2006, die öffentliche Diskussion über die Pläne fand im Januar 2010 statt.

Noch ehe der Bescheid vorlag, nährten die Bundestags-Grünen abermals Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Neubaustrecke. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion hervor, die auch von Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter aus Filderstadt (Kreis Esslingen) und eisenbahnpolitischer Sprecher seiner Fraktion, unterzeichnet ist. Die Grünen monieren vor allem, dass in den geänderten Plänen ein sogenannter Gleiswechsel nicht mehr auftaucht. Die Weichenverbindung hätte es Zügen erlaubt, von einem Gleis zum anderen zu wechseln. Ein solcher war ursprünglich auch im Albvorlandtunnel vorgesehen. Ihn hätten die Güterzüge benutzen sollen, die von der Eisenbahnstrecke Plochingen-Tübingen kommend auf die Neubaustrecke Richtung Ulm abbiegen. Da diese Verbindungskurve eingleisig geplant ist, fädeln die Züge zunächst in das Gleis ein, auf dem im Regelfall die Züge der Richtung Ulm-Stuttgart unterwegs sind. Am nun wegfallenden Gleiswechsel wären die Züge auf das „richtige“ Gleis gewechselt. Dazu haben sie nach den nun genehmigten Plänen erst auf der Ostseite des Albvorlandtunnels Gelegenheit. Im Klartext: Sie benutzen auf einer Strecke von rund acht Kilometer den Schienenstrang, der eigentlich dem Gegenverkehr vorbehalten ist. „Mit der Planänderung schickt die Deutsche Bahn Züge im Linksverkehr hinauf auf die Alb. Mit diesen Geisterzügen wird der Albvorlandtunnel zum über acht Kilometer langen Nadelöhr auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm“, erklärt Matthias Gastel auf Anfrage.

Die abgespeckten Pläne seien vor allem im Hinblick auf den politisch immer wieder geforderten Zuwachs beim Verkehr auf der Schiene problematisch – oder ganz konkret auch, wenn etwa die bisherige Strecke über die Geislinger Steige nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehe. „Dies ist gleich doppelt fatal: Erstens werden Mehrverkehre auf der Schiene blockiert. Und zweitens lässt sich die Neubaustrecke kaum mehr als Ausweichstrecke nutzen“, sagt Gastel und resümiert: „Für ein solch teures Projekt ist dies blamabel“.

Die gesamte Neubaustrecke ist rund 60 Kilometer lang und verläuft über weite Strecken parallel zur Autobahn 8. Der offizielle Baustart fand im Beisein von Landesverkehrsminister Winfried Herrmann und Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer im Mai 2012 bei Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) statt. Damals lagen noch nicht für alle Abschnitte die Baugenehmigungen vor – zuletzt fehlte das Eba-Plazet für einen Abschnitt bei Ulm und für jenen nun genehmigten im Albvorland. Anfang März hatte das Eba grünes Licht für den Bau des letzten Kilometer bis zum Ulmer Hauptbahnhof gegeben. Gut die Hälfte der Strecke verläuft im Tunnel. Anfang der Woche war rund ein Fünftel der Tunnelstrecke gebohrt. Die Neubaustrecke und die Neuordnung des Stuttgarter Bahnknotens (Stuttgart 21) soll nach bisherigen Planungen Ende 2021 in Betrieb gehen. „Unser Ziel ist und bleibt, dass die Strecke wie geplant Ende 2021 in Betrieb gehen kann“, erklärt Manfred Leger, Chef der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm. „Mit dem Erhalt des Baurechts im Albvorland stehen die Zeichen hierfür weiterhin sehr gut.“