Die Grünen im Bundestag werfen der Großen Koalition „Rechentricks“ vor, um die Strecke bei Zuffenhausen nicht ausbauen zu müssen. Schwarz-Rot setze die Taktik des „sich Dummstellens“ fort, sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Bahnstrecke zwischen Zuffenhausen und Feuerbach im Norden der Stadt wird zum politischen Zankapfel. Die Grünen sehen in dem kurzen Schienenstück einen Engpass, der sich negativ auf das Netz der Deutschen Bahn auswirkt. Die Bundesregierung sieht das anders: „Die Bundesverkehrswegeplanung weist für den Tagesbereich zwischen 6 und 22 Uhr keine Überlastung der genannten Strecke auf“, erklärt die Regierung auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel hin.

 

Wichtiger Lückenschluss im Norden

Der Politiker aus Filderstadt (Kreis Esslingen) will sich mit den Aussagen des Bundes aber nicht zufrieden geben. Dem vergleichsweise kurzen Streckenabschnitt im Norden kommt eine wichtige Bedeutung zu. Er verbindet das Ende der Schnellfahrstrecke aus Mannheim bei Zuffenhausen mit der neuen Stuttgart-21-Infrastruktur, die bei Feuerbach beginnt. Die Strecke sei zeitweise mit einer Auslastung von 119 Prozent überbelegt, sagt Gastel unter Hinweis auf eine Veröffentlichung im Fachblatt „Der Eisenbahn-Ingenieur“ vom März dieses Jahres. Der Bund verweist darauf, dass dieser Wert aus dem sogenannten „Prognosenetz des Bundesverkehrswegeplans (BVWP)“ stammt.

Ein Antwort, die bei Gastel zu einer heftigen Reaktion führt. „Die Große Koalition setzt ihre Taktik der Rechentricks, der Vernebelung und des sich Dummstellens fort. Damit verfolgt sie offenbar das Ziel, den offensichtlichen Engpass von Mannheim zum Stuttgarter Hauptbahnhof zu kaschieren.“ Es sei vollkommen klar, dass gerade im Pendlerverkehr dringend bessere Kapazitäten notwendig werden würden. Ob mit der Inbetriebnahme der neuen Strecke nach Mannheim vor mehr als 25 Jahren, die mit deutlich kürzeren Fahrzeiten einherging, auch die Zahl der Pendler zwischen der Rhein-Neckar-Region und Stuttgart angestiegen ist, kann der Bund nicht sagen. Dazu lägen ihm keine Daten vor.

Gastel unterstellt, dass die Zahlen der Regierung auch dadurch zustande gekommen seien, weil „bei der Verkehrsprognose des Bundesverkehrswegeplanes die Morgenspitze auf die Nachtstunden verteilt“ worden sei. Im Klartext: Zwar seien morgens mehr Züge unterwegs als es die Infrastruktur eigentliche zulasse, aber im 24-Stunden-Durchschnitt habe die Strecke noch Luft. Der Bund sieht keinen Fehler bei sich: „Für eine zeitliche Verteilung der Nachfrage standen keine empirischen Grundlagendaten zur Verfügung“.

Für Gastel sind das nicht nachvollziehbare Aussagen: „Die Große Koalition sollte ihre Rechenspielchen unterlassen und sich die wirklichen Pendlerzahlen am Morgen und Nachmittag anschauen. Dann würde man auch in Berlin erkennen, dass es dringend notwendig ist, den Abschnitt zwischen Feuerbach und Zuffenhausen auszubauen.“

Auch der Vekehrsclub Deutschland sieht einen Ausbaubedarf

Mit der Forderung ist Grünen-Politiker Gastel nicht alleine. Auch der Verkehrsclub Deutschland ist immer wieder für ein fünftes und sechstes Gleis zwischen den beiden Stadtteilen im Norden eingetreten. Die brächten nicht nur mehr Kapazität sondern würden im Verbund mit kleineren Ausbauten im Bahnhofsbereich in Mannheim, die Fahrzeit zwischen der Landeshauptstadt und der dritt größten Stadt des Landes auf etwas unter 30 Minuten drücken, was Voraussetzung für die Einrichtung eines sogenannten Integralen Taktfahrplans mit besser auf einander abgestimmten Zügen sei.