Es war der erste von vier Tagen Ausnahmezustand im Zugverkehr. Der Lokführerstreik lähmt die Deutsche Bahn – legt sie aber nicht vollständig lahm. Der Konzern zog am Donnerstag vor Gericht.

Berlin/Frankfurt - Der Lokführerstreik hat den Zugverkehr am Donnerstag bundesweit hart getroffen. Der Bahn gelang es aber immerhin, rund ein Drittel der Züge fahren zu lassen. Für den Notverkehr galten Ersatzfahrpläne. Viele Fahrgäste stiegen aber auf andere Verkehrsmittel um. Deshalb war die Situation auf den großen Bahnhöfen entspannt.

 

Der viertägige Rekordstreik hatte am Mittwoch im Güterverkehr begonnen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) dehnte ihn am Donnerstag um 2.00 Uhr morgens auf den Personenverkehr aus. Fahrgäste müssten sich zwar auf Ausfälle und Verspätungen einstellen, hieß es am Nachmittag bei der Bahn, sie könnten aber trotzdem relativ verlässlich planen. Größere Einschränkungen als im Fernverkehr, wo noch etwa jeder dritte Zug fuhr, gab es teils bei den Regional- und S-Bahnen. In einigen Regionen fielen laut Bahn drei von vier Zügen aus. In anderen konnten nach Angaben des Unternehmens 40 Prozent regulär fahren.

Am Wochenende wird es auch für Fußballfans schwierig

Die GDL will im Konflikt mit der Bahn den Druck erhöhen. Sie fordert für die Beschäftigten mehr Geld sowie eine kürzere Arbeitszeit und will neben den Lokführern vor allem auch das übrige Zugpersonal in Verhandlungen vertreten, für das bislang die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zuständig ist. Die Bahn will konkurrierende Tarifverträge einzelner Berufsgruppen verhindern.

Am kommenden Wochenende wird es auch für Fußballfans schwieriger, zu den Spielen ihrer Teams zu kommen. Das Bündnis Pro Fans erwartet aber keine leeren Gästeränge in den Bundesligastadien. „Fußballfans sind sehr erfinderisch“, sagte Sprecher Sig Zelt. Einige versuchten nun, Mitfahrgelegenheiten zu bilden oder ein größeres Auto zu mieten.

Die Bahn entschied sich dafür, juristisch gegen den Streik vorzugehen. Sie beantragte beim Arbeitsgericht Frankfurt/Main eine einstweilige Verfügung. Das Gericht wollte noch am Donnerstag entscheiden. Mit Blick auf frühere Entscheidungen stufte die Bahn die Erfolgaussichten selbst als eher gering ein. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe hatte das Gericht noch nicht entschieden.

Die Konkurrenz gibt der Bahn eine Mitschuld

Die Versorgung mit Sprit soll auch während des Streiks sichergestellt werden. „Die Belieferung der Tankstellen mit Kraftstoffen stellt auf jeden Fall eine logistische Herausforderung für unsere Unternehmen dar“, sagte ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes. Bisher sei es noch nicht zu Engpässen gekommen. Benzin und Diesel werden von den Raffinerien per Bahn zu Tanklagern gebracht. Von dort aus geht es per Lkw auf der Straße weiter zu den Tankstellen.

Die Bahn hatte am Mittwoch noch versucht, den Streik mit dem Angebot einer Schlichtung abzuwenden. Dieses Angebot habe die GDL „offenbar ohne ernsthafte Prüfung abgelehnt“, kritisierte die Bahn. Sie zweifelt an der Verhältnismäßigkeit des GDL-Streiks. In ihrem Antrag an das Frankfurter Gericht verwies sie auf die zentralen Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls an diesem Sonntag. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Bahn aufgefordert, gegen den Streik vor Gericht zu ziehen.

Aus Sicht ihrer Konkurrenten trägt die Bahn eine Mitschuld an der verfahrenen Lage. Bei Wettbewerbern seien parallele Tarifverträge eher die Regel als die Ausnahme, sagte Engelbert Recker, Hauptgeschäftsführer des Nahverkehrs-Branchenverbands Mofair, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Das ist nur eine Frage der betrieblichen Organisation.“ Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürchtet einen Imageschaden für andere Gewerkschaften. „Ich bedauere es sehr, dass Herr Weselsky das Angebot auf eine Schlichtung nicht angenommen hat“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann über den GDL-Chef.